T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Mittwoch, März 31, 2010

Unterwegs zwischen Belp und Thun. Ich habe den Kopf ins Feuilleton gesteckt. Die Rede ist vom Selbst, die Frage, ob es sich dabei, wenn man die letzten einschlägigen Forschungsergebnisse berücksichtigt, nicht doch um eine Illusion handle, ist unvermeidlich. Nachdem ich erfahren habe, dass mein Vater in der Zwischenzeit gestorben ist, beschliesse ich, nun nicht nach Brig zu fahren, sondern meine Frau, die sich nach einer erfolgreichen Operation in der Haltenegg ob Thun in Kur befindet, zu besuchen. Und dann treibe ich erst noch ein bisschen Schabernack:

(gewichtig/essentialistisch:) Was ist das (Wesen des) Selbst?
(und sofort existenzialisieren:) Schau, letztlich musst du halt eben doch selbst, gell?

Dann aber vertiefe ich mich ernsthaft in den Lebenslauf meines Vaters. Den will ich in der Pfarrkirche von Stalden selber vortragen.

Dienstag, März 30, 2010

Der Geist kann ja auf mancherlei Art in die Irre gehen: Er kann in logische Fallen tappen, sich in der Wortwahl oder kategorial vergreifen, sich aufplustern, sich verknoten, geistreicheln ... Doch manchmal glänzt er schlicht durch Abwesenheit: Andreas Isenschmid zur Diskussion über Max Frischs jüngst veröffentlichte Tagebücher:

geistfrei

So leicht wie vernichtend.

Montag, März 29, 2010

Die amerikanischen Trusts und die ihre Geschäftspraktiken regulierende Gesetzgebung: Instrumente, die Steuerhinterzieher aus aller Welt dazu bewegen sollen, ihr Geld in den USA anzulegen. - Ausländischen Halunken (CS, UBS, ...) soll das Handwerk gelegt werden.

das Schöne an solchen Dingen: Sie sind ja so gut zu verstehen. - Mein Verstehen macht nicht vor dem eigenen Land Halt.


[Kein Verständnis für die vielerorts tobenden moralischen Entrüstungsstürme. Is doch albern. Wer moralische Betrachtungen anstellen will, soll sich doch ein anderes Feld aussuchen.]

Samstag, März 27, 2010

[Ich fürchte, diese Nacht passiert es wieder:]

Vor gut 30 Jahren wurde bei uns die Einführung der Sommerzeit via Volksentscheid abgelehnt.Wie lange noch müssen wir ertragen, dass der Volkswille schnöde missachtet wird?!

Freitag, März 26, 2010

seine Emotionen ausdrücken (in einer mit Schmerz(en) verbundenen Situation):

1)
auf die Tube drücken
2)
seine (subjektive, sprich: (für das jeweilige Subjekt) spezifische) Erfahrung in Worte fassen

Das erste Verfahren ist allgemein anerkannt und beliebt und - überschätzt. Und was soll das zweite bringen? Nun, es ist eine Form von Aktivität, in der ich mich in einer Situation, wo mir als Erleidendem etwas bloss zustösst, als Handelnden erfahre. Und das tut halt gut.


[Und mal 'Baruch de Spinoza' zu sagen, tut auch gut.]

Donnerstag, März 25, 2010

Laute, Wörter, Sätze 17/103


"Lass uns zusammen Kamasu!" - "Kamasu?" - "Ka ma su oder ka ma su mache."
(Köln, Stunksitzung 2010)


sich etwas aus etwas machen; es es sich angelegen sein lassen; sich von ihm belangen lassen

Die Welt ist gegenüber unseren Belangen gutartig teilnahmslos. (Camus) (Das kann einen schon mal zornig machen. Und lässt vielleicht auch eine gutmütige Distanziertheit aufkommen.)


Dass du nichts sagst, ist schon ok. Aber tu's bitte nicht zu wortreich!


Alles im Fluss: die Dinger, die durch das Emotionsvokabular beschrieben werden; und auch die Redebrocken, die die Dinger, die im emotionalen Geschehen strudeln, beschreiben oder verständlich machen sollen, selber in den Strudel hineingezogen


Die Verführung durch die Sprache notorisch: Habe da ein Wort, von andern Wörtern wohlunterschieden, und schon halte ich nach einem entsprechenden Ding Ausschau. [Die Frage, ob und wie dieses Ding reduziert werden kann, wird von solcher Ausschau ins Schlepptau genommen.] Am besten ist es, die Fragen zu existenzialisieren.


Das Leben, das Leben! - Mal fühlst du dich getragen, mal bist du auf den Felgen. Und dann die Sorgen! ... Ich überspringe jetzt mal ein paar tausend das ganze Herrjesses nur schwach andeutende Zeilen ...

Es gibt da eine Art von Sorge, die ist vielleicht bloss irgendwie kleinlich, eng, weil bloss in betonter Selbstbezüglichkeit gedeihend. Sie sei "nicht wichtig", würde Warenka vielleicht sagen, und damit Kittys Alarmglocken zum Schrillen bringen ... Ups! Das kann länger werden. Wird ein eigener Blog.


Liebesverhältnis: Intimität, dauerhafte, auch körperliche, entscheidend

Dann geschehen verwundersame Dinge: Zum Beispiel beginnst du dich zu verstehen, weil der andere dir davon erzählt, wie er dich zu verstehen beginnt. Du bekommst ein Stück deiner Lebensgeschichte erzählt. Du kannst dir das Stück, in dem du die Hauptrolle spielst, mit kindlicher Verwunderung anhören, aus angenehmer Distanz das eng vertraute Unbekannte dir zum Gemüte führen.

[Susanne, du bist eine atemberaubene Erzählerin! Ich liebe dich!]

[Es gäbe über die Liebe noch das eine oder andere zu sagen. Zu dumm, dass wir in der falschen Rubrik gelandet sind!]

Mittwoch, März 24, 2010

Mein Herr und mein Gott,
Nimm alles von mir,
Was mich hindert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
Gib alles mir,
Was mich fördert zu dir.

Mein Herr und mein Gott,
Nimm mich mir
Und gib mich ganz zu eigen dir.


Das Lieblingsgebet meines Vaters. Er hat es mir vorgesprochen, als ich ihn vor einigen Wochen im Altersheim besuchte. Ich habe es dann nachgesprochen. Und dann: "'Nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir'. Das ist der Tod, gell, Papa?" - "Ja(!)" Und dazu eine sanft gleitende Armbewegung, die Hände ausgestreckt, auf der Höhe der Brust beginnend, zum Bettende hin: "Verströmen." Mir fallen dann noch ein paar andere mystische Ausdrücke ein, die ich laut vor mich hinspreche. Dann nochmals das Gebet. Ich bin ergriffen. Mein Vater ist stinkzufrieden.

Das habe ich von einer der vielen liebenswürdigen jüngeren Frauen erfahren, die mir in den letzten Tagen bei der Wache am Bett meines sterbenden Vaters Gesellschaft geleistet haben. (Was für Weibervolk der alte Charmeur sich in den letzten Jahren angelacht hat! Von einigen wusste ich ja schon, aber das Leben ist halt doch voller Überraschungen.) Ja, der ehemalige Briefträger eines Bergdorfes muss sehr stolz darauf gewesen sein, seinem studierten Philosophen noch etwas Wesentliches mitgegeben zu haben. Nun, ich bin natürlich auch imstande gewesen, meinem Vater zu zeigen, wie viel mir seine Worte bedeutet haben. Du darfst jetzt raten, von wem ich diese Fähigkeit wohl habe.

Als ich meinen Vater an jenem Tag im Altersheim verliess, rief er mich noch einmal zurück: "Du hast doch nicht etwa das Weihwasser vergessen?!" Finger rein ins Kesselchen, und ein Kreuz wird geschlagen. Ob ich mir da alt vorgekommen bin? Na, ich sag mal 11. Schmunzeln und Ergriffenheit begleiteten mich auf dieser kleinen Zeitreise.


Das Sterben zieht sich hin. Ich habe aufgehört, auf die letzten Atemzüge zu warten. Aber ich bete schon: Mein Herr und mein Gott, nimm ihn ihm und gib ihn ganz zu eigen dir!

[in der neusten Nummer der Weltwoche aufgeschnappt (Nein, das Blatt zahlt mir nichts für diesen Klau, aber ich bin ja auch nicht gierig.):]


1932 werden in Paris Schweizer Bankiers verhaftet, die mit dreisten Methoden vermögende Franzosen dazu anzustiften versuchen, ihr Vermögen - am Fiskus vorbei, versteht sich - in der Schweiz anzulegen. Zwei Monate Untersuchungshaft, Skandale, Druck auf den Finanzplatz Schweiz. Der Bund springt ein und schützt 1934 die ausländischen Kunden vor ihrem Fiskus durch die Einführung des Bankgeheimnisses.

Und die Moral von der Geschicht'? - Na, such dir eine aus! (Und dann setzte einen entsprechen Titel für den Blog: 'Sauerei!', 'Clever!', 'Es geht auch so' ...)


[Noch ein Müsterchen: Du bist im Prinzip ein guter Mensch und verspürst den Wunsch, mal für eine Steuersenkung und so Zeugs zu plädieren? Sieh dich bei den Grünliberalen um! Du kannst so deinen gutbürgerlichen Neigungen nachgeben und trotzdem ein guter Mensch bleiben.]

Dienstag, März 23, 2010

"Seine Albträume sind meinen Albträumen sehr ähnlich. So was verbindet halt, wenn Sie gestatten." Martin Walser spricht von Christoph Blocher. Der Titel des Interviews in der BAZ: "Warum darf ich Christoph Blocher nicht bewundern?" - Dazu meine Antwort im Sinne des deutschen Historikers Arnulf Baring: "Lebten Sie in einem freien Land, dürften Sie das ohne weiteres."


"Es muss doch noch erlaubt sein, darüber nachzudenken, ob nicht vielleicht doch ..." (Schon mal gehört?) Aber es gibt auch Leute, die nicht rumeiern:

Wie man mit viel Geld Armut vermehrt
Hier eine gekürzte Fassung davon.
Äusserst lesenswert! [Enthält auch viel Zählbares.]

Montag, März 22, 2010

Mein Irrealismus: gnadenlose Bejahung des Szientismus, ein gedämpftes Desinteresse an allem wirklich Wirklichen, ein rasendes Interesse an so manchem, das ein 'nichts weiter als' oder ein 'im Grunde bloss' ist.

(Ach weisst du, du hast ja in allem recht, aber die 'Wirklichkeit' - du verstehst schon - ist nicht so mein Ding, gell?)


[So, und jetzt lasse ich die Philosophie mal eine Zeitlang beiseite. Was mich im Moment interessiert, ist Zählbares, insbesondere das Geld. (Nee, es muss nicht unbedingt in meinem Portemonnaie stecken.) Formen der wunderbaren Geldvermehrung beispielsweise interessieren mich, der Verkauf von Hypotheken an Junkies etwa oder der Kauf von 'Securities' auf von finanziell zerrütteten Staaten emittierten Obligationen. Ja, ich habe da schon so meine kleinen Steckenpferde. Beispielsweise interessiert mich die Gier eines Investmentbankers bedeutend mehr als diejenige des unbescholtenen Kleinsparers, der eben mal so eine Rendite von 5% haben möchte. "Aber ohne Risiko, versteht sich." Oder mich interessiert die den Job und den schnöden Mammon verachtende Tugend des Bankers, der unser Dummerchen vorbildlich berät: "Unsere Konkurrenz wird bestimmt etwas Passendes für Sie finden." Und und und ... Let's talk about money!]

Freitag, März 19, 2010

[ein Nachtrag zu diesem Blog:]

Der Schattenmensch


[Deal or No Deal, 1. Runde. Die ersten Vorgaben: Griechenland - Idee - Höhle - Ιδε γαρ ανϑρωπους ... Frau Meier qualifiziert sich für die 2. Runde. Wir lesen noch rasch die letzte Vorgabe: "Stelle dir Menschen vor in einer unterirdischen, höhlenartigen Behausung", dann zappen wir zu einem andern Spielchen:]

Stelle dir nun einen jungen Menschen vor, der bei angestrengtem Betrachten der flüchtigen Bildchen, die auf der Höhlenwand erscheinen, ganze Sätze vor sich hingebrabbelt und dadurch die Aufmerksamkeit eines etwas älteren Menschen auf sich gezogen hat, der seinen pädagogischen Drang nicht länger zähmen kann und sich auf den nunmehr entfesselten Jüngeren stürzt, um ihn am Verlassen der Höhle zu hindern: "Bleib! Schau genauer hin! Löse dich vom vorgekauten Geplapper und sprich aus - mit wachsender Exaktheit -, wie dir erscheint, was da auf der Wand vor dir erscheint! ... Erscheint es dir tatsächlich so? ... Ich weiss, das ist verdammt schwer, aber überlege dir, ob du wirklich zu jenen gehören willst, die da draussen Löcher in den Himmel starren ...


[Wir repetieren: Phänomenologie: die Kunst, die Sachen so darzustellen, wie sie einem in Wirklichkeit erscheinen]

Mittwoch, März 17, 2010

[De Plattdüütsche Kalenner 2009. - Ich blättere langsam bis zum März, dann drängt es mich abzuschreiben:]


Op'n Diek

Lütt Schaap op'n Diek, büst een Kiekindewelt!
Di kümmert nich, wat de Scheper vertellt.

Lütt Schaap, över'n Diek reckst du kiebig den Kopp.
Dien Moder is dor, de passt op di op.

Lütt Schaap op'n Diek, dat Gras, dat ward gröön.
Spring över de Wischen, dat Leven is schöön!

Lütt Schaap op'n Diek, wat kamen noch kann
op di to, op mi to, dor denk ik nich an!

(Wolfgang Schütz *1935)


["wat kamen noch kann", rezitiert der Kümmerer, "op di to," - der Mann mit dem bekümmerten Blick lässt den kiebigen Blick eines Lämmchens am Deich in Westerhever auf sich wirken - "op mi to" - und der Wunsch nach einem gemeinsamen Erleben mit der reizenden kleinen Kreatur lässt ihn den letzten Halbvers beherzt rezitieren - "dor denk ich nich an!"]

[Rubrik: Philosophie der Emotionen]

Merksatz: Emotions are about the world.
[Solomon zieht 'aboutness' 'intentionality' vor.]

Probanden wird ein Stimulans verabreicht. Sie werden dann verschiedenen Situationen ausgesetzt und nach ihren Emotionen befragt. Die Reaktionen/Antworten: Wut, Belustigung, Angst, ..., je nach Situation. Fazit:

"People ascribe emotions to themselves based not only on their arousal but also on their perceptions of the situation."
(Solomon in seiner Darstellung einer Studie von Schachter, Stanley und Jerome E. Singer: Cognitive, Social, and Psychological Determinants of Emotional State. Psychological Review 69 (1962))

Die Mitglieder einer Kontrollgruppe, denen gesagt wurde, sie hätten bloss ein Vitaminpräparat geschluckt, neigten nicht dazu, ihre Reaktionen überhaupt als Emotionen zu interpretieren.

[emotions as ways of engaging (with/in) the world; the judgmental nature of anger - dazu ein Merksatz:]

I'll be judge, I'll be jury, Said cunning old fury.
(Alice in Wonderland)

Dienstag, März 16, 2010

[aus Gesprächen mit Robert C. Solomon]


Phänomenologie: die Veroffensichtlichung des Offensichtlichen - das Bemühen, die Dinge so darzustellen, wie sie einem tatsächlich zu sein scheinen


keine gebrauchsfertige Sprache dafür vorhanden - kein Rückgriff auf philosophische Thesen bzw. Bilder, die einen gefangenhalten ('mind', 'consciousness', 'content', 'experience' ... [Das Cartesianische Gefängnis noch immer eines der ausbruchssichersten]); kein blosses Abklappern und kritisches Hinterfragen von blossen Meinungen [Man müsste sie zählen, um zu sehen, wie wenige es davon gibt (Canetti)]; kein blosses Zurkenntnisnehmen von exakt erhobenen exakten Daten; keine Wesensschau, eh klar; kein Sich-Verlassen auf alltagssprachlich verfasste Intuitionen ...

eine schwierige Aufgabe: das vollkommen Bedeutungslose (auch Sprachlose) mit der grössten Akkuratesse zur Sprache bringen; den winzigen/gewaltigen Schritt vom 'mir scheint' zum - nein, nicht zum 'so ist es' - zum 'genau so erscheint es mir' vollziehen


[Schon klar: Heidegger ist hier ein grosses Vorbild. Solomon mag den Sartre noch lieber. Sachen gibt's!]