T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Donnerstag, Februar 22, 2007

[Das Übersetzen ist eine Therapie. Es stimuliert verschiedenste Hirnregionen und verlangt deren intensive Zusammenarbeit. So wirkt es als Antidepressivum. - Heute wird Paul Auster aus dem Türkischen übersetzt. Das Türkische erweist sich - keine Studie hat das gezeigt - in der Kombination mit einem selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer als phantastisch guter Munternacher.]

Was ist ein Roman?


Orhan Pamuk'a yapılanı anlamak mümkün değil. Demokrasilerin özelliği, açıklanan görüş beğenilmese de, hatta düpedüz yanlış olsa da, o görüşe saygı göstermektedir. Orhan Pamuk gibi bir yazarı ifadesi nedeniyle hedef tahtası yapabilen insanlar, şu soruyu sorduruyor: "Türkiye, bir demokrasi değil mi?"

Was man Orhan Pamuk angetan hat, ist nicht zu verstehen. Das Spezifische an Demokratien besteht darin, dass sie eine Einstellung achten, auch wenn deren Kundgabe ihnen nicht behagt und sogar dann, wenn sie rundweg falsch ist. Leute, die imstande sind, einen Schriftsteller wie Orhan Pamuk aufgrund seiner Äusserungen zur Zielscheibe zu machen, müssen sich die Frage gefallen lassen: "Ist die Türkei denn keine Demokratie?"

Demokratlık, yasalar karşısında eşitliğe inanmaktır; herkesin ayrı bir ruhu, ayrı bir iç dünyası inanmak, herkesin hayatının değerli olduğunu bilmektir. Roman da o noktada başlar; merkezinde bireyin özgürlüğü vardır.

Ein Demokrat zu sein heisst, an die Gleichheit vor dem Gesetz zu glauben; zu glauben, dass jeder seinen eigenen Geist und seine eigene Innenwelt hat; zu wissen, dass das Leben eines jeden werthaltig ist. Auch der Roman setzt an diesem Punkt an; in seinem Zentrum steht die Freiheit des Individuums.

Mindestens zwei Dinge kann man aus der Lektüre von Romanen ziehen: das Gespür für den spezifischen Reichtum anderer Menschen und die gut verwurzelte Überzeugung, dass auch das eigene Leben eine verdammt spannende Veranstaltung ist. - Der Roman macht augenfällig, dass das Individuelle/Besondere/Eigene zählt. Der Roman öffnet: Das für einen Belangloseste, wenn mit gutem Handwerk entfaltet, nimmt einen gefangen. Der Roman schliesst nicht aus: Etwas anderes Belangloses kann neben dem ersten bestehen. Der Roman befriedet: Auch die eigene Belanglosigkeit wird lebbar. Was gibt es denn Belangloseres als das Leben eines angestellten Autoverkäufers im Mittleren Westen der USA? Es ist bestimmt keine Tetralogie wert! Wer zum Teufel will denn genau wissen, wie ein Vietnamveteran sein Leben danach überhaupt nicht in den Griff bekommt? Das Dumme ist nur, dass dieses gottverdammte Leben gelebt wird. Wen interessiert's? Jeden! Wieso? Belanglosigkeiten über Belanglosigkeiten. Nichts Tolles in Sicht. Man stelle sich vor, der Erfinder der Figur des Vietnamveteranen schickte sich an, seiner Figur eine bedeutende Message abzuringen, etwas à la 'Schaut, was der Krieg aus den Männern macht!'. Die Enttäuschung wäre furchtbar. Eben noch suhlte man sich in verwirrlicher Belanglosigkeit, und auf einmal stört ein zum zudringlichen Schreiberling mutierter Autor einem die selbstvergessene Ruhe mit etwas Bedeutendem?

Liebe Leser, ich finde keinen runden Schluss, habe aber auch keine Lust mehr weiterzuschreiben und empfehle euch hiermit eine bessere Lektüre. Ich habe dabei an etwas eher Belangloses gedacht.

Montag, Februar 19, 2007

[Ca. 15 Jahre ist es hier. Ich nehme an einem privaten Seminar über 'Interkulturelle Konflikte' teil. Wir schauen uns einen Film an. Titel: 'Warum habe ich meine Tochter getötet?' In der anschliessenden Diskussion erkläre ich, warum ich den Titel, der eine Lesart à la "Wie konnte ich nur!?' nahelegt, für verfehlt halte, und sage dabei in etwa: "'Warum ich meine Tochter töten musste' müsste der Titel heissen. Da stellt dieser weinselige Mörder seiner Tochter sich hin und präsentiert mir die Gründe für seine Tat." - Die Empörung war gross: "Wie kannst du dir anmassen, unsere Wertvorstellungen an diesen Mann anzulegen!?" Das war Urs oder die Stimme der Toleranz und des Gesprächs und des Dialogs. "Wovon soll der Alban denn sonst ausgehen?" Danke Iris! Ja, das war Iris oder eine Variante von Richard Rorty. Eine freundliche Stimme. Aber noch nicht der philosophischen Weisheit letzter Schluss:]

'Unsere Werte'


"Frauen haben das Recht, einen Beruf ihrer Wahl zu ergreifen und/oder ein eigenes Geschäft zu gründen und zu führen. Sie dürfen sich ihre Freunde selber aussuchen. Sie dürfen das Haus verlassen, wann immer sie wollen, mit oder ohne Begleitung. Sie dürfen heiraten, wen sie wollen und wann sie wollen. Sie dürfen - auch in Anwesenheit von Männern - von sich aus das Wort ergreifen. Sie dürfen beim Sex Lust empfinden."

Ich habe ein etwas ungutes Gefühl, Sätze wie diese zu äussern. Ich empfinde sie als leicht unanständig. Es schaut so aus, als ob ich sie durch ihre blosse Formulierung zur Diskussion und damit infragestellen würde. Und genau das will ich ja gerade nicht. - Der folgende Satz ist unanständig:

"Ich persönlich finde es in höchstem Masse fragwürdig (oder: In unserer Kultur ist es in höchstem Masse fragwürdig), ein blutjunges Mädchen mit einem älteren Mann zwangszuverheiraten."

Ist es nicht! Es steht nämlich schlicht ausser Frage.

Vielleicht vermag die Wohlanständigkeit dieses Satzes einen Moment lang über seine Absurdität hinwegzutäuschen: "Mit obigen Sätzen bringen wir unsere Wertvostellungen zum Ausdruck. Andere Kulturen haben andere Werte, und es gehört mit zu unseren Werten, dass wir diese Wertvorstellungen respektieren."

Wie soll so was gehen? "Mir wird beim blossen Gedanken an die Zwangsverheiratung übel, aber ich respektiere sie."


Man sollte mit der Verwendung des Ausdrucks 'unsere Werte' etwas sparsamer sein. Er passt nicht immer. Er relativiert an Orten, wo wir zu keiner Relativierung bereit sind. Er ist zu bemüht, hyperkorrekt bis zur Absurdität, heuchlerisch, frömmelnd. Und er verkennt den natürlichen Universalitätsanspruch von Werten. 'Natürlich'? Natürlich! Eine Frau ist ein Menschenwesen.

(Aus dem Gespräch mit dem verzweifelten Mann, der seine Tochter töten musste:) "Schauen Sie, eine Frau ist wie eine Ziege, ...". Ein Appell an die Vernunft dieses Mannes: "Das glaubst du ja selber nicht!" Ein Appell, der ihn als Vernunftwesen respektiert und sich nicht bemüht, seiner offenkundigen Verirrung zu schmeicheln.


[Jan: "Menschenskind, bist du aber empfindlich! Ist dir das Ding von damals denn dermassen stark eingefahren?" "Ist es. Und ich kann es tatsächlich kaum ertragen, dass diese Karikatur einer Werthaltung noch immer nicht als ein Set von ausgeleierten Phrasen kompostiert ist."]

Samstag, Februar 10, 2007

Murat Kurnaz, Opfer, Guantánamo, Empörung. - Die blosse Abwechslung ist eine Wohltat:

"Wer sich kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 einen Kampfanzug, ein Fernglas und Schnürstiefel kauft und, ohne sich von seiner Familie zu verabschieden, nach Pakistan reist, will dort ja wohl nicht mit dem Fernrohr Allah suchen."
(Otto Schily)

Freitag, Februar 09, 2007

Vom Glück verfolgt


Eine grosse Katze fragte eine kleine Katze, die mit ihrem Schwanz spielte: "Warum jagst du deinem Schwanz nach?" Das Kätzchen antwortete: "Ich habe gelernt, dass die schönste Sache für eine Katze das Glück, das Glück aber ihr Schwanz ist. Darum jage ich ihm nach, und wenn ich ihn erwische, erlange ich das Glück." Daraufhin sprach die bejahrte Katze: "Auch ich war in jungen Jahren der Ansicht, dass das Glück mein Schwanz ist. Aber ich machte folgende Beobachtung: Wenn ich ihm nachjage, entfernt er sich von mir, und wenn ich einfach meinen Dingen nachgehe, kommt er stets hinterher."
(Aus dem Türkischen von Philotustan)


Die Mietze setzt sich gemächlich vor das Mausloch und verharrt. Da legt sich der Schwanz ganz sachte um den runden Körper und lässt sich auf den Vorderpfoten nieder.

Samstag, Februar 03, 2007

Rubrik: Zitate

Bei mir ist das zum Teil so - manchmal bin ich hyperaktiv und geb dem auch nach. Und manchmal bin ich stinkefaul und geb dem aber auch nach.
(Steph im Türkisch-Lernen-Online Forum)

So klug, so tief, so süss!