T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

Mein Foto
Name:

Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, Mai 20, 2008

Die Istanbuler Gruppe 'Baba Zula' mit der kanadischen Sängerin Brenna MacCrimmon in der Schlussszene des Films Crossing the Bridge: Sound of Istanbul. - [Wer sich für Firmengeschichte interessiert, mag weiterlesen:]

P&H expandiert weiter


Das international tätige Dienstleistungsunternehmen P&H (Peace and Harmony) ist nun auch im Übersetzungsbusiness erfolgreich aktiv geworden. Als Übersetzer betätigen kann sich jede Person, sofern sie bloss hinter der Philosophie des Unternehmens steht; der Passus "Fremdsprachen: keine" in den Bewerbungsunterlagen ist da kein Hindernis:

"Wäre ich doch nur eine Nachtigall im Garten, würde ich euch all meine Lieder singen." So weit, so ungefähr; dann aber zeigt sich eindrücklich, was eine starke Marke ist:

Her sabah şakırım, gülüm.
[wörtlich:] Jeden Morgen würde ich schlagen, meine Rose. [şakımak: singen; zwitschern; trällern; Nachtigall: schlagen]
[mit Markenstempel:] Meine Seele hätte dann keine Kraft für Kriege.


[sehere gitmek: auf die Morgenröte/Dämmerung zu sich bewegen/fliegen passt farblich schlecht zum Firmenlogo. Egal! "auf grosse Reise gehen" tut's ja auch. Dafür ist "Mit jedem Flügelschlag würde meine Seele freier" sehr schön. Hier wird auch nicht, was den einen oder andern stören könnte, eine Spur zu kräftig in den Liedtext eingegriffen, denn da steht davon rein gar nichts.

"Du wirst doch nicht etwa ..." - "Ne, nicht unsere Marke, gell?" - Die Harmonie zwischen Les und mir ist ungetrübt in unserem friedvollen Arkadien. Er weiss allerdings nicht, dass ich mich bei P&M aus purer Neugier mit einer Gedichtübersetzung beworben habe. Sphrâxul'a bischwuppi kel'e dolsup. Das ist Altjapransisch: Lasst uns stricken für den Frieden. - Ja, die hätten mich natürlich eingestellt.]

Samstag, Mai 17, 2008

Zur Lage der Philosophie zu Beginn des 21. Jahrhunderts


Ist das Verhalten der Menschen je wirklich frei, oder ist es durchs Band determiniert? Zu dieser Frage gibt es eine Unmenge von mehr oder weniger lustigen Gedankenspielchen. Zu ihnen gesellen sich in letzter Zeit auch tiefere Einblicke, solche in die ewige Finsternis des Gehirns nämlich, dessen Aktivität zu erforschen uns endlich die letzte Erleuchtung bringen soll. - Die Hasen nähern sich mit rasender Geschwindigkeit einem Ziel, wo ein Igel, der notorische Gewinner bei solchen Wettläufen, den versammelten Gratulanten aus seinem Buch vorliest: 'Das Handwerk der Freiheit.'

Das 'Handwerk'! Die Frage war doch, ob jemand ganz aus sich heraus, nicht festgelegt durch unzählige Faktoren innerer und äusserer Art, stricken könne, und hier gibt einer (unter anderem auch) Anweisungen, welches Garn man für welchen Zweck am besten verwenden sollte und dergleichen oberflächliche Dinge. Solche Anweisungen können die grundlegende Frage jedenfalls nicht beantworten, ja sie nehmen sie noch nicht einmal ernsthaft in Angriff.

'Das Handwerk der Freiheit'! Eine Frechheit! Ja gibt es denn überhaupt Freiheit? Erweist sie sich bei tieferem Ein- und Durchblick nicht als eine grosse Illusion?

Das Enttäuschende an der Geschichte ist, dass ausgerechnet ein Philosoph sich der tiefschürfenden Fragen entschlägt: Unser Igel heisst Peter Bieri. Und es ist zu befürchten, dass er, der von den tieferen Fragen in irgendeinem Proseminar bestimmt schon gehört hat, sich von unserm gewichtigen Einwand nicht erschüttern lässt. Das ist arg. Da haben wir uns nun jahrelang bemüht, auf die Höhe einer philosophischen Fragestellung zu gelangen, und müssen uns nun als von dem Igel und Strickmeister veralbert vorkommen.


Die tieferen Fragen unter dem Mikroskop, durch bildgebende Verfahren koloriert, endlich einer ernsthaften Behandlung zugänglich ... und einzieht Heidegger in Harvard. Die Crème der Philosophenzunft ergötzt sich am farbigen Abglanz, an dem wir die Lebenswelt haben.


[Dieser Blog entstand nach der gründlichen Lektüre eines Buchtitels, den der Verfasser in der 'Brigitte' fand, der unser Igel ein Interview gewährte. Der 'Brigitte woman', versteht sich, der Ausgabe für die reiferen Semester. (Das Interview hat er dann auch noch gelesen.)]

Mittwoch, Mai 14, 2008

[Variation über einen Gedanken Hegels:]


Sitzen am Teich. Windstille. Der Blick rutscht über die spiegelglatte Fläche, verliert sich. Die Zeit kommt nicht voran, zerdehnt sich, wird breit, weilt lang.

Plups! Ein Kiesel. Der Blick wird gefesselt, kreist konzentrisch. Die Mitbewegung schwingt und schwillt. Die Zeit verfliesst, gewinnt Richtung, weilt kurz, mal hier, mal da.

In der Erinnerung dann erscheint kurz, was lange weilte, und lang, weil reich, was die Zeit vertrieb.

Freitag, Mai 09, 2008

Politik ist etwas saumässig Kompliziertes. Es ist verdamt schwer, da einigermassen durchzublicken, zumal man da von Experten regelrecht eingekesselt ist. Na klar, es gibt ein paar Grundbegriffe (Öl, Bush, Manager, ...), mit denen man es ein Stück weit bringen kann, aber dann ...

Ich habe an einem türkischen Fest (Türk Günü Şenliği, 04.04.08) auf dem Bundesplatz teilgenommen und berichte darüber nun meinen türkischen Arbeitskollegen. Auf Türkisch. "Hoşuma gitti." (Es hat mir gefallen.) Da habe eine aserbaidschanische Volksmusikgruppe ein türkisches Volkslied vorgetragen, und die Leute hätten stellenweise mitgesungen. Ich hätte natürlich eingestimmt, und so was gefalle mir eben.

Klar, so geht das nicht. Schliesslich hatten Kurden über den Mittag, noch vor dem Fest, gegen selbiges protestiert und dabei auch Tränengas abbekommen. Ich insistiere ein bisschen: "Menschenskinder, das war doch ein Fest!" - Kopfschütteln. - "Volksmusik. Das Ding, wo von der Liebe etwa die Rede ist: 'Bir deli aşka düştüm' und so'n Zeugs eben." (Ich bin in eine verrückte Liebe gefallen. Ich habe mich närrisch verliebt.) - (Mehmet zu Hasan:) "Bu adam hiçbir şey bilmez." (Der gute Mann hat von nichts eine Ahnung.) - Das ist schon ok. Ich bin kein Experte. Ein bisschen gekränkt bin ich, ja: Die guten Leutchen sollten halt ein bisschen strahlen, wenn ich Türkisch spreche, und dabei grossmütig über die Tatsache hnwegsehen, dass ich nicht den Durchblick habe.

Da hat einer meiner Arbeitskollegen auf dem Bundesplatz sein 'Öcalan! Öcalan! Öcalan!' skandiert, und ich komme ihm mit türkischer Volksmusik. Ich verstehe ihn ja. Mehmet ist in der Schweiz geboren und spricht natürlich Berndeutsch, aber sein Herkunftsland ist Kurdistan. Klar: Seine Urgrossmutter ist als junge Frau aus der Gegend um Diyarbakır nach Konya (westliches Zentralanatolien) gekommen. Das muss man natürlich wissen, bevor man ... na was denn? ... sich ein Urteil erlaubt? ... Aber wer will schon den lieben Tag lang Urteile vom Stapel lassen? ... nein, bevor man einem mit Volksmusik kommt. So ist das.

Zu schade, dass hier nun niemand die notorische Mahnung anbringt, man dürfe nicht alle Blablas in den selben Topf werfen. Sonst hätte ich nun vom kurdischstämmigen Ahmet (auch aus Konya) berichten dürfen, der mir erklärt, er wolle von dem Politkram nichts wissen, und mit strahlenden Augen hinzufügt: "Ich will einen Mercedes, verstehst du mich?" Und ob! Das sind genau die Dinge, die ich verstehe und die mich sogar rühren: Leutchen, die sich für was begeistern können und mich mit meinen eigenen Begeisterungen ein liebes Männeken sein lassen. Es würde mir niemals einfallen, ihm nun einen Jaguar entgegenzuhalten oder den Öcalan, von so garstigen Dingen wie dem Asylkrimskrams ganz zu schweigen.

Ich weiss ja - wie in letzter Zeit so häufig - wieder mal nicht, worauf ich mit meiner Schreibe hinaus will. Aber ich will doch noch anfügen, was mir jetzt, beim Schreiben, ständig durch den Kopf ging: "Es gibt nichts Harmloses mehr." (Adorno) Und gleich stellen sich weitere Sätzchen ein: "Das Private ist politisch." Und jetzt setzt der Hagel ein im Gehirn. Ich muss das ertragen. Und auch die Hintergrundmusik dazu: Déja vu, déja vu, ... Menschenskinder, ist das langweilig! Und was für ein langweiliger Blog!


[Einen Essay mit dem Titel "Versuch über die Langeweile" verfassen? Gegen die Langeweile anschreiben? Oh Gott, wie langweilig! - 'gegen die Langeweile anschreiben' ist wie 'basteln für den Frieden'. Alles verbrauchtes Zeug. Lauter verbrauchtes Zeug. Abgestanden. Modrig. (Wie Hofmannsthals Pilze, schon klar, eh klar.)]

Dienstag, Mai 06, 2008

Die Gedankengänge irgendwelcher Politiker und Medienschaffender sind bedeutend. Und je idiotischer so ein Ding dreinschaut, desto wichtiger ist es, dass man sich mit ihm wegen seiner Tendenz zu schneller Verbreitung kritisch auseinandersetzt. Das ist arg. Denn die Versuchung, sich gehaltvollen Dingen hinzugeben, ist gross, und die Weigerung, im Mist zu wühlen, ist wegen der gesellschaftlichen Relevanz des Mists und der mit ihr korrespondierenden kritischen Wühlerei eine unverantwortliche politische Haltung.

So. Ist das jetzt eine These? Liebes Tagebuch, nicht mal ich selber mag mich mit so einer Schreibe auseinandersetzen. Und dabei liegt sie noch nicht einmal gar so arg unter dem Durchschnitt dessen, was tagtäglich so verbreitet wird.

Ich will ehrlich sein: Ich habe hier einen Ansatz zu einer kritischen Auseinandersetzung mit etwas ansatzweise gesellschaftlich Relevantem gemacht. Aber das ist dermassen langweilig ...