T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Sonntag, März 29, 2009

Rubrik: Deutsch für Schwerstfortgeschrittene]


An der Nordseeküste, am plattdeutschen Strand, sind die Fische im Wasser und [S/s]elten an Land.

a)
Die Fische sind im Wasser, die Selten an Land.
(Meines Wissens kommt die Selte nur an der Nordseeküste vor, und auch dort trifft man sie nicht gerade häufig an.)
b) Im Wasser schwimmen, an Land selten sie, die Fische.
(Selten tun die Fisch bloss an der Nordseeküste, am plattdeutschen Strand also, wo die Schafe blöken wie blöd auf dem Deich, und mit schwarz-grünen Kugeln garnier'n ihn gar reich.)


[Quelle: WDR, Kabarett aus dem 'Alten Wartsaal' zu Köln am Rhein. - In diesem Wartsaal ist nicht immer Kabarett. Aber lusti is scho.)

Mittwoch, März 25, 2009

Ich beziehe mich hier auf den letzten Blog. Die Grundfigur, die er darstellt, gilt für ihn selber: Sein Gedanke war vor seinem Ausdruck noch nicht fertig da: Der Ausdruck seines Gedankens war gleichzeitig auch eine Schöpfung des Gedankens.

Der Gedanke wirkt jetzt nach: Ich erinnere mich, wie ich immer wieder leise von der Vorstellung gequält wurde, dass die Beschreibungen meiner Gefühlslage immer etwas von Schummelei an sich haben. Nun, das Wort 'Beschreibung' ist hier ziemlich unglücklich gewählt, weil es die Forderung mit sich führt, eine objektive Sachlage möglichst exakt wiederzugeben. Besser ist, vom 'Ausdruck' einer Gefühlslage zu schreiben. Dann gilt, der Grundfigur entsprechend: Der Ausdruck einer Gefühlslage ist gleichzeitig auch eine Schöpfung der Gefühlslage. Und schon ist es, gelinde gesagt, fakultativ, von 'Schummelei' zu sprechen. Die Veränderung des Ausgedrückten durch seinen Ausdruck ist schlicht notwendig. Ein Wesen mit Selbstbewusstsein, das sich seiner auch als des Trägers von bestimmten Emotionen gewahr wird, muss, gerade wenn es echt sein will, sorgfältig darauf achten, wie es diese zum Ausdruck bringt, weil es in das so Ausgedrückte involviert ist; es ist ein Teil von ihm, zu dem es Stellung nehmen muss und mit dem es sich, wenn's irgendwie geht, ganz gerne identifiziert. Es geht hier ja auch darum, was für eine Person es ist.

Na ja, ein paar Alarmglocken dürfen hier schon schrillen. Aus meiner Darstellung sollte unmittelbar hervorgehen, wie korrumpierbar der Ausdruck von Emotionen ist. - Frau, hier eröffnet sich ein weites Feld: Da gibt es doch den Eindruck/Verdacht, dass einer eine Emotion so ausdrückt, wie er sich vorstellt, dass ein guter Mensch sie ausdrücken würde. Wie hübsch er da scheitern kann: Er kann beispielsweise verlogen oder lächerlich oder - harmlos - schlicht unbeholfen wirken. Es soll Kompositionen geben, wo man den Eindruck gewinnt, dass einer die Töne, Akkordtrauben und, wenn überhaupt vorhanden, rhythmischen Figuren so gesetzt hat, wie er sich vorstellt, dass sie von jedem Hörer zuverlässig als gefühlsstark gedacht wahrgenommen werden. Solche Erzeugnisse lassen sich dann etwa auch als Untermalungen in Filmen verwenden, auf dass dem letzten Zuschauer klar werde, dass sich der Held, der sich eh schon gebückt durch die Szene schleppt, im Zustande höchster Bedrückung befindet. So, und jetzt darfst du ein Schubertlied danebenstellen, wo nicht eine blosse Vorstellung von Trauer evoziert werden soll, sondern ein[!] Ausdruck von Trauer den ganzen Seelenraum ergreift und erweitert, im Hörer neue Möglichkeiten des Ausdrucks von Trauer eröffnet und so den an seine Schönheit um ihrer selbst willen sich Haltenden/Klammernden tröstet.


[Meine frühere Bemerkung, dass Palestrina den in Unruhe befindlichen Hohlraum Seele nicht bloss auszufüllen, sondern auch zu erweitern vermag. - Die moralische Infragestellung des (mir durchaus nicht fremden) Schwelgens in Sentimentalität und Kitsch. - ... - Ein weites Feld, fürwahr!]

[Und der Verdacht, dass Geschmacksfragen eine Rolle spielen. - "Taste matters", schreibt Scruton. Sein neustes Buch heisst 'Culture Counts'. Es enthält vielleicht das, worauf sein 'The Aesthetics of Music' letztlich hinausläft. Ein Umstand, der ihn, wie er schreibt, selber überrascht hat: "It came as a surprise that so dry a question as 'what is a sound?', should lead at last to a philosophy of modern culture." (ix) Dazu eine Entwarnung: Scruton versteht sich nicht als Theoretiker des kulturellen Niedergangs. Solche Theorien gebe es "two a penny"und seien keines Philosophierens würdig. Das soll nun aber nicht heissen, dass er den Niedergang der Kultur im öffentlichen Raum nicht für eine ausgemachte Sache hielte. Eine ausgemachte Sache, keine Sache irgendeiner höchst abgefeimten, nur in Hegelschen Termini beschreibbaren Verschwörung. Eine ausgemachte Sache: Wir können uns ja getrost an die noch nicht ausgemachten Sachen halten: Die beiden Verlängerungen der Überleitung vom ersten zum zweiten Thema im ersten Satz der 'Eroica' sind noch nicht ausgehört, die rhythmischen Schwierigkeiten in der Coda daselbst noch nicht gelöst, ... nunc, et semper, et in saecula saeculorum. Amen.]

Dienstag, März 24, 2009

[Musik soll etwas ausdrücken, was verstanden werden könne. Da ist was dran:]

Musical Meaning


Ausdruck ist ein komplexer Vorgang. Das Ausgedrückte, eine Emotion bzw. ein Bewegt-Sein, liegt nicht schon fertig vor. Ausgangspunkt ist eine rudimentäre, unbestimmte, unmittelbare/unvermittelte Weise des Bewegt-Seins. Dieses findet seine endgültige Gestalt erst in seinem Ausdruck; es findet zu sich selbst in seiner (Ent)Äusserung. [Jawolle, hier wird gehegelt.] - Der bewegte Beweger findet durch den lebendigen Ausdruck seines Bewegt-Seins in eine neue, noch nicht da gewesene Bewegung. - Der bewegte Hörer versteht den Ausdruck eines Stücks Musik, indem er dessen spezifische Bewegung mitvollzieht; er erfährt eine neue Gestimmtheit bzw. Weise des Bewegt-Seins, wenn er sich durch den Mitvollzug des Geschehens in dieses einstimmt.


[Ja, es geht halt schon irgendwie um das liebe Leben. (Gute) Musik hören hiesse dann etwa, (ungeahnte) Antworten auf die umtreibenden Zumutungen und Zuträglichkeiten des Lebens zu (er)finden. Oder so. - Jedenfalls gibt es in Musik nichts zu verstehen, was ohne einen aktiven Mitvollzug von spezifischen Bewegungen verstanden werden könnte. Anders gesagt: Was da verstanden wird, ist mit dem letzten Ton schon wieder verschwunden. - "Magst du die 'Eroica' hören?" - "Ne, ich hab's verstanden."]

[Melek, frischgebackene Moderatorin in meinem Türkisch-Forum und versierte Sängerin und Tänzerin aus Unterfranken mit bayerischen Wurzeln [Diese Globalisierung!], die massgeblich dafür verantwortlich ist, dass meine LeserInnen hier mit eingestreuten Bemerkungen zur alpenländischen Volksmusik traktiert werden, hat ein interessantes Motto:]

Gönül bazen, aklın tanımadığı yollara gider.

(Erinnert mich an Blaise Pascal: Le coeur a ses raison que la raison ne connaît pas.) Schon wahr: Das Herz geht manchmal Wege, die der Verstand nicht kennt. Er weiss nichts von ihnen, oder er will, klug und besonnen wie er nun mal ist, von ihnen lieber nichts wissen. Er hat bestimmt recht. Und weil er ja der klügere ist, gibt er auch willig nach.


[Taktgefühl. - Im Takt bleiben: das Metrum beachten; Impulsen nicht unbedacht nachgeben; die Nachgiebigkeiten mit dem/auf den Partner abstimmen; den gemessenen Abstand halten; taktvoll sein. (Kalauer vermeiden: drum abbrechen.)]

Montag, März 23, 2009

[Zwei kleine Übungen in Scrutons Wortschatz nebst einem Nachtrag:]

aesthetic interest:
attending to appearances for their own sake; disinterested interest (das interesselose Wohlgefallen)

democratic culture:
everybody is entitled to his own bad taste; the taste freed from all constraints imposed by good taste; taste, however, still matters

Ein gleichberechtigter Zeitgenosse macht von einem verfassungsmässig garantierten Recht Gebrauch, indem er seinen ganz höchstpersönlichen, abgeschmackten Humor in einer freundschaftlichen Unterhaltung deplatziert und so die feineren Näschen zum Rümpfen bringt. Diese erstrammen sich zum obligaten Opfer auf dem Altar der demokratischen Kultur: "Jedem Tierchen sein Pläsierchen." Nichts weiter. Dienstschluss.


[Es ist immer wieder erfreulich und erbauend, wenn man sich auch beim Nachdenken über Werturteile streng an Aristoteles hält: Wenn du wissen willst, was eine gute Naht ist, halte dich an deinen Schuhmacher, nicht an einen Menon oder Perikles. Wenn du wissen willst, ob eine Brille dir passt, beobachte das Mienenspiel der Optikerin, die dich berät. Den Kaminfeger hatten wir schon. Für den Relativisten haben wir keine Verwendung. Aber das hatten wir auch schon.]

[Auch Nietsche ist sehr wohltuend. Seine aristokratischen und antidemokratischen Impulse müssen wir ja nicht teilen. Wir formulieren einfach um: So werden aus Menschen von Geblüt etwa Menschen von Gehör. Kultur verfällt nicht, weil die Edlen es aufgegeben haben, den Untertanen ihren Geschmack aufzuoktroyieren. By the way: Während man bei Nietzsche noch den Eindruck haben kann, da sei doch was dran, gibt es weit skurillere soziologische Theorien, die Theorie etwa, wonach die Herrschenden die Pop-Kultur und auch den Bereich der E-Musik, der nach wie vor den abgenutzten Erscheinungen der Tonalität frönt, dazu benutzen, die Unterdrückten zu befrieden/besänftigen. Aber auch hier findet man noch manchen brauchbaren Kern: [in memoriam ...:] De gustibus est disputandum: Über Geschmack zu streiten, ist ein angenehmes und ergiebiges Geschäft.]

Freitag, März 13, 2009

Das Unerträgliche am Gefängnisleben: Die Mitinsassen lassen einen nicht unbehelligt.

Katerleben: Er kehrt frühmorgens von seinen Unternehmungen zurück, frisst, schläft lange, knabbert an Körnchen, schläft kurz, knabbert, schläft. Daneben werden unter Schnurren Streicheleinheiten eingesammelt, und das Fell wird gepflegt. Dann beginnt ein neuer nächtlicher Rundgang. So ein Katzenleben ist schon erträglich. - Nein, miauen tun nicht alle. Einige schreiben stattdessen kurze Blogs. Es kommt halt auf die Art an.

Samstag, März 07, 2009

Ja, es mag schon so sein, dass die Religion an eingetrübten Tagen wenig Trost zu spenden vermag. Doch es gibt die liturgischen Gesänge. Ich will es mal, gebildet kalauernd, so sagen: Auch an Tagen, die einem herzlich wenig zu besingen geben, bleibt einem immer noch das 'Pange lingua'. Und ich habe mich noch immer nicht daran satt gehört, es in einem 'Kyrie' Josquins wiederzuerkennen. Und, na, geschneit hat es heute auch. Es war ein schöner Tag. Es war schön, ein paar Leutchen in nicht verschämten Worten sagen zu können, wie wohl sie einem über die Jährchen und Jahrzehnte getan haben. Ganz gegen das Ende hin kam dann noch die durch Witzchen, obriggkeitliche Häppchen und gewerkschaftliche Gläschen inspirierte gute Stimmung auf. Die passte dann weniger zum 'Pange lingua'. Ich bin dann gegangen.

Freitag, März 06, 2009

Da referiert einer auf Englisch in dichten Sätzen aus Schönbergs Harmonielehre. Du lässt deine Augen gelassen über die Zeilen gleiten. Und hast nichts begriffen, schon klar. Du verbringst dann zusammen mit deinen KollegInnen den zweitletzten Arbeitstag vor der Betriebsschliessung. Du vergräbst dich dabei in der Arbeit, auf dass du von keinen Gefühlswellen überflutet wirst. Dann stehst du auf dem Bahnsteig und lässt den Tag Revue passieren. Da stellt sich dann - neben dem Anfang des Streichquartetts in A-Dur KV 464 etwa - vielleicht auch ein Sätzchen ein: Gelungene klassische Harmonik resultiert auch dort, wo wir es, rein akustisch betrachtet, bloss mit Akkordfolgen zu tun haben, aus einer guten Führung der einzelnen Stimmen.

Tja, das Tagwerk nun vollendet ist. Die Nachtschicht beginnt, die geliebte, die unbezahlte.

Ständchen


Was mir an meiner alten Arbeit am meisten gefallen hat: das Zusammentreffen mit den allerverschiedensten Leuten. Da erzählt mir heute doch ein Arbeitskollege - ich nenne ihn das Saxophon - aus betrüblichem Himmel von seiner Liebe zum Ännchen von Tharau und woher seine Angebetete stammt. Kann man natürlich auch ergoogeln, aber ... eben ... Wir haben dann zusammen noch eine Strophe gesungen.]


[Für Hans, auch wenn der solches Zeug nicht liest.]

Donnerstag, März 05, 2009

[Es ist verachtet, verachtet und verschmähet. Der Johann Sebastian hat es vertonet.]


Neue Stelle, neue ArbeitskollegInnen, neue Tätigkeiten, neue Arbeitszeiten. Während ich das Gefühl habe, dass mir der Teppich unter den Füssen weggezogen wird, ist mein Gedankenkarussell in voller Fahrt. Rausschauen tut dabei nix. Ist auch nicht nötig. Der Mensch denkt, und Jahwe tut eh, was er will, oder er lässt - aus einem gewissen hartnäckigen Vertrauen in seinen Schöpfungsplan heraus - die Dinge einfach laufen. "Was Gott tut, das ist wohl getan ...". Dem Angesprochenen gefällt das Liedchen, und den Sänger erfüllt es mit einer gewissen hartnäckigen Hoffnung, die in herzlich wenig Tatsachen gründet. - "Schau, was bei der Sache herausgekommen ist, und sag doch selber!" - "Ich sehe schon: Was Gott tut, das ist wohl getan ..." - "Hääh?!" - Was für ein bescheuertes Liedchen! Singe ik bescheuert Liedche. Wie er es nun gefüget, / So nehmen wir es billig an / Und sind dabei vergnüget.

Wie gesagt, ich stehe auf dem bewussten Teppich und bin mir einigermassen sicher, dass ich demnächst wieder auf einem stabileren Teppich stehen werde. Doch vorderhand fällt mir nichts ein, und was mir doch einfällt, lächert oder langweilt mich. Oder es belustigt mich bestenfalls:

(Gewichtig:) Gibt es etwas, worauf sich deine durch das Liedchen ausgedrückte Hoffnung letztlich berufen kann? - (Wie aus der Pistole geschossen:) Na auf das Liedchen selber natürlich! - Denk nicht! Sing!

Singe ik bescheuert Liedche: Wer so viel nimmt, / Als ihm bestimmt, / Der kann auch bei den Brocken / Vergnügt sein und frohlocken.