T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Freitag, Mai 09, 2008

Politik ist etwas saumässig Kompliziertes. Es ist verdamt schwer, da einigermassen durchzublicken, zumal man da von Experten regelrecht eingekesselt ist. Na klar, es gibt ein paar Grundbegriffe (Öl, Bush, Manager, ...), mit denen man es ein Stück weit bringen kann, aber dann ...

Ich habe an einem türkischen Fest (Türk Günü Şenliği, 04.04.08) auf dem Bundesplatz teilgenommen und berichte darüber nun meinen türkischen Arbeitskollegen. Auf Türkisch. "Hoşuma gitti." (Es hat mir gefallen.) Da habe eine aserbaidschanische Volksmusikgruppe ein türkisches Volkslied vorgetragen, und die Leute hätten stellenweise mitgesungen. Ich hätte natürlich eingestimmt, und so was gefalle mir eben.

Klar, so geht das nicht. Schliesslich hatten Kurden über den Mittag, noch vor dem Fest, gegen selbiges protestiert und dabei auch Tränengas abbekommen. Ich insistiere ein bisschen: "Menschenskinder, das war doch ein Fest!" - Kopfschütteln. - "Volksmusik. Das Ding, wo von der Liebe etwa die Rede ist: 'Bir deli aşka düştüm' und so'n Zeugs eben." (Ich bin in eine verrückte Liebe gefallen. Ich habe mich närrisch verliebt.) - (Mehmet zu Hasan:) "Bu adam hiçbir şey bilmez." (Der gute Mann hat von nichts eine Ahnung.) - Das ist schon ok. Ich bin kein Experte. Ein bisschen gekränkt bin ich, ja: Die guten Leutchen sollten halt ein bisschen strahlen, wenn ich Türkisch spreche, und dabei grossmütig über die Tatsache hnwegsehen, dass ich nicht den Durchblick habe.

Da hat einer meiner Arbeitskollegen auf dem Bundesplatz sein 'Öcalan! Öcalan! Öcalan!' skandiert, und ich komme ihm mit türkischer Volksmusik. Ich verstehe ihn ja. Mehmet ist in der Schweiz geboren und spricht natürlich Berndeutsch, aber sein Herkunftsland ist Kurdistan. Klar: Seine Urgrossmutter ist als junge Frau aus der Gegend um Diyarbakır nach Konya (westliches Zentralanatolien) gekommen. Das muss man natürlich wissen, bevor man ... na was denn? ... sich ein Urteil erlaubt? ... Aber wer will schon den lieben Tag lang Urteile vom Stapel lassen? ... nein, bevor man einem mit Volksmusik kommt. So ist das.

Zu schade, dass hier nun niemand die notorische Mahnung anbringt, man dürfe nicht alle Blablas in den selben Topf werfen. Sonst hätte ich nun vom kurdischstämmigen Ahmet (auch aus Konya) berichten dürfen, der mir erklärt, er wolle von dem Politkram nichts wissen, und mit strahlenden Augen hinzufügt: "Ich will einen Mercedes, verstehst du mich?" Und ob! Das sind genau die Dinge, die ich verstehe und die mich sogar rühren: Leutchen, die sich für was begeistern können und mich mit meinen eigenen Begeisterungen ein liebes Männeken sein lassen. Es würde mir niemals einfallen, ihm nun einen Jaguar entgegenzuhalten oder den Öcalan, von so garstigen Dingen wie dem Asylkrimskrams ganz zu schweigen.

Ich weiss ja - wie in letzter Zeit so häufig - wieder mal nicht, worauf ich mit meiner Schreibe hinaus will. Aber ich will doch noch anfügen, was mir jetzt, beim Schreiben, ständig durch den Kopf ging: "Es gibt nichts Harmloses mehr." (Adorno) Und gleich stellen sich weitere Sätzchen ein: "Das Private ist politisch." Und jetzt setzt der Hagel ein im Gehirn. Ich muss das ertragen. Und auch die Hintergrundmusik dazu: Déja vu, déja vu, ... Menschenskinder, ist das langweilig! Und was für ein langweiliger Blog!


[Einen Essay mit dem Titel "Versuch über die Langeweile" verfassen? Gegen die Langeweile anschreiben? Oh Gott, wie langweilig! - 'gegen die Langeweile anschreiben' ist wie 'basteln für den Frieden'. Alles verbrauchtes Zeug. Lauter verbrauchtes Zeug. Abgestanden. Modrig. (Wie Hofmannsthals Pilze, schon klar, eh klar.)]