T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, Februar 24, 2009

[Bloss ein Lebenszeichen zwischendurch. Meine fleissigen LeserInnen dürfen wissen, woran ich gerade bin.]


Musik, gehörter Klang, ein reines, von der den Klang verursachenden physikalischen Quelle abtrennbares Klangereignis, eine Bewegung, mit der wir uns bewegen, weil/wenn sie unsere Bewegung, die Bewegung unserer empfindlichen Saiten ist. - Wir werden in Schwingungen versetzt, wenn wir unsere Saiten blosslegen und sie dem berührenden, anrührenden, sacht verführenden Wellengang der Klangereignisse überlassen. - Und Stop!

Ich bin im Moment bloss am Ausholen. Mein Ziel ist es, über Musik zu schreiben. Und zwar nicht nur lauter dummes Zeug. Davon gibt es schon genug. Doch jetzt ist die Kunde zu mir gedrungen, dass es Leute geben soll, die begonnen haben, die nicht gerade ertragreiche Sparte der musikalischen Ästhetik bzw. Philosophie der Musik wiederzubeleben. Es soll sich um Leute handeln, die in der Tradition der sogenannten 'analytischen Philosophie' stehen und überdies, wie der Komponist Roger Scruton, aus reicher musikalischer Erfahrung schöpfen können.

Na ja, ich habe ein Buch gekauft und bin dabei, mich darin zu vergraben: Roger Scruton: The Aesthetics of Music.

Awesome! Ach, es schadet überhaupt nichts, wenn man sich in der Wellenphysik gut auskennt. [Ich sage 'Wellenphysik' und nicht einfach 'Akustik'; wir wollen ja schliesslich interessante Vergleiche zwischen Farben und Tönen anstellen.] - Ohne eine gewisse Vertrautheit mit ontologischen (die Seinsweise von Gegenständen betreffenden) Überlegungen geht gar nichts. Wir sollten ja nicht gleich erschrecken, wenn einer versuchsweise bemerkt, dass wir es bei der Musik mit sekundären Qualitäten von sekundären Objekten zu tun haben könnten. [Und überdies mit dem Leben selber; und das alles sollte man dann irgendwie zusammendenken.] - Sprachkritik ist sowieso ein vertrautes Feld. Schon bald wird uns nämlich auffallen, dass wir uns in lauter Metaphern bewegen, wenn wir über unsere simpelsten musikalischen Erfahrungen sprechen, und wir werden uns dann fragen, ob solche Rede einen verschnörkelten Luxus oder eine Notwendigkeit darstellt. - Zum Glück haben wir schon mindestens eine Harmonielehre durchgearbeitet [Autsch! Der de la Motte hat bei Debussy Halt gemacht], besitzen Stapel von Partituren und verschiedenen Tonträgern, und Lutoslawski ist uns nicht die Bohne weniger vertraut als Schütz. [By the way: Partituren und Tonträger sind eine feine Sache. Aber auch ein Klavier müsste her! Wer hat mir eins? Sich an die geliebte Sache buchstäblich heranzutasten dürfte sehr ertragreich sein.] - Wie gesagt, es schadet überhaupt nichts, wenn man über diese Dinge verfügt. Aber: Nicht erschrecken, wenn du den Eindruck hast, dass du bei Scruton dein musiktheoretisches Wissen in pulverisierter Form antriffst. Es darf dich nicht erschrecken, wenn Scruton deine Faustregeln für dies und das mittlerweile zu Sägemehl verarbeitet hat. Dieses Mehl ist nicht nutzlos: Du darfst erkennen, wie musikfremd es wirkt, wenn du daraus nette kleine Förmchen bastelst, die sich dann an möglichst vielen Klangereignissen bewähren sollen. [de la Motte ist diesen Weg der Pulverisierung schon ein schönes Stück gegangen. Aber Scruton ist bedeutend radikaler. Wie mir auf ein paar erste Blicke scheint. Ich neige dazu, der Besserwisser vom Dienst zu sein, wenn es um die Sache geht, von der ich wirklich etwas verstehe. Egal.]


[Ok. Jetzt wissen wir es: Philotustan hat ein Buch gekauft. Wie aufregend! Übrigens: Raoul Schrott hat die 'Ilias' übersetzt. Das ist wirklich aufregend. Ich warte auf die Schliessung der Schanzenpost. Das ist deprimierend. Schubert wechselt in der letzten Strophe des ersten Lieds der 'Winterreise' von Dur nach Moll. Das ist herzerweichend. Lutoslawskis einleitende Streicherglissandi zwischen Vierteltönen aus seinem 'Livre pour orchestre' (1968) sind schön, schlicht und ergreifend schön. Jedenfalls so lange, als ich keine besseren Worte dafür habe. Wenn ich wüsste, was ich sagen will, wäre das ganz toll. Wenn ich gar sagen könnte, was es ist, was mein seelisches Saitenspiel in bebende Verzückung versetzt, wenn die Wetterstoa Musikanten einen Boarischen intonieren, oder was mir wehmutsvoll das Herz bricht, wenn Schubert in der B-Dur Sonate D960 eine Melodie erst in Cis-Moll und unmittelbar darauf - als identische [Hier setzt jetzt die analytische Philosophie ein] - in E-Dur auftreten lässt, dann bräuchte ich für den Rest des Lebens nichts mehr zu sagen. - "Horch! Das! Hörst du's? Das ist es!" Das Rätsel der Welt und des Lebens ist gelöst. Nunc dimittis ... Nun entlässest, du, Herr, deinen Diener in Frieden. Amen.]