T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Samstag, August 25, 2007

Buchprojekt: Der kluge Hausherr: Hausgenossen: Das schlechte Gewissen

I
Du bist ja bereit, dir eine Sache zweimal zu überlegen, bevor du was unternimmst. Du bist auch bereit, mit dir selber hart ins Gericht zu gehen, wenn es sein muss. Doch nun sind die Überlegungen abgeschlossen, und du findest deine Unternehmung unbedenklich, oder vielleicht bedenklich im Sinne von riskant, oder du bist nicht ganz überzeugt davon, dass sie sich durch grosse Klugheit auszeichnet - sie mag eher launenhaft oder gar leicht närrisch dreinschauen -, aber sie ist ansonsten ok, liegt drin. Doch du hast ein schlechtes Gewissen dabei.

II
Du hast dir eine Sache sehr gut überlegt. Du weisst schlicht, was in einer gegebenen Situation zu tun ist. Es zu tun ist einfach richtig. Doch du hast ein schlechtes Gewissen dabei.

Der Schlegewi


II
Du weisst also, was richtig oder gut oder geboten ist. Wer sagt dir das? Nun, es ist dein Gewissen. Dies ist dein 'Sinnorgan' (Viktor Frankl), das sich in deinem Erwachsenenleben herausgebildet hat und das du als vernünftiger Mensch in vielen schwierigen Entscheidungen und mit einigem Denkaufwand - durch Gespräche mit besonnenen Freunden auch - weiterentwickelt hast. Über diesen Hausbewohner will ich kein weiteres Wort verlieren. Es ist einfach gut, dass es ihn gibt.

Aber da ist eben noch der andere, das schlechte Gewissen, der Schlegewi. Der hat in deiner Kindheit wohl eine sehr nützliche Rolle gespielt und ist dann einfach nie ausgezogen, macht auch keine Anstalten, je einmal auszuziehen. Was machen wir mit dem?

Da gibt es mal einen Merksatz zu beachten: Der Schlegewi ist ein ganz miserabler Ratgeber. Der murkst bloss herum und ist durch keinerlei kluge Überlegung zu überzeugen. Die Welt mag sich in Jahrzehnten drastisch verändert haben, du hast dich bestimmt verändert; doch der Schlegewi hat nichts, rein gar nichts dazugelernt. Der liegt dir einfach mit seinen ewig gleichen kindlichen Sätzen in den Ohren. Nicht auf ihn hören? Ja, wenn's denn geht. Und sonst wenigstens nicht ernstnehmen.

Ansonsten ist er schlicht zu ertragen. Du darfst wegen seinem Gemurkse nicht unterlassen, was du für richtig hältst. Du darfst nicht wegen seines Geplappers dem moralischen Schlendrian nachgeben und musst seinen Ratschlag tapfer in den Wind schlagen. Leicht ist das nicht: Der moralische Schlendrian, dieser innere Sauhund, und der Schlegewi sind mächtige Verbündete.

I
Auch hier ist der Schlegewi halt zu ertragen. Aber das sollte leichter fallen, gerade wenn es sich um Unternehmungen handelt, die sich vielleicht zwar, wie bereits oben angedeutet, keines besonders guten Rufes erfreuen, die aber andere Qualitäten aufweisen, Qualitäten, die stimulierend wirken und deren Mangel an grosser Würde durch die Anmut des Sich-Gehenlassens mehr als wettgemacht wird. Und auch solche Unternehmungen haben ja ihre natürlichen Verbündeten wie den Tanz und den Gsang und überhaupt alles, was da spriesst und in die Höhe schiesst und den natürlichen Fluss des Kreatürlichen befördert.

Gott mag gute Kostgänger. Zu ihnen, den Gottgefälligen, wird er beim jüngsten Gericht sagen: "Weiter so!" Und die andern, die allzu oft auf den falschen Ratgeber gehört haben, wird er dann in seiner grossen Güte definitiv von ihren Leiden befreien.


[Du findest, unter I fänden sich zu wenig konkrete Beispiele? - Nun, auf Eindeutigkeit war ich hier nicht aus. Und auch nicht auf eindeutige Zweideutigkeiten. Ich hab da eher so an kleine, liebenswerte Süssigkeiten gedacht, an die du den Schlegewi nicht ranlassen kommen solltest.]