T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, April 28, 2009

[Zwischen zwei Vorlesungen wird ab und zu gerne in der Mensa ein gelehrtes Plauderstündchen abgehalten und von den Abenteuern im Hörsaal berichtet.]

Nachtigallen


Es soll ja Leute geben, die es, auch wenn sie genügend Mussezeit haben, nicht fertigbringen, mal über zwei bis drei Wochen hinweg täglich ein paar Stündchen Hegel zu lesen. Tsss! (Wie es Leute geben soll, die Wagners 16-stündigen Ring an keinem Ferientag unterbringen können. Tsss!) Ihnen mag es dann rätselhaft erscheinen, was mich bei der Stange hält. Nun, es sind die Nachtigallen und verwandte Wesen. - Natürlich langweile ich mich nicht selten ganz ordentlich. Da höre ich etwa der Kritik einer Auffassung zu, wonach die Kunst in der Nachahmung der Natur bestehe. Gääähhn! Doch dann ist auf einmal von einem die Rede, der die Nachtigall nachahmt. Schon Kant, versteht sich, habe sich hierzu geäussert: Wir seien solchen Gesanges alsbald überdrüssig, wenn sich herausstelle, dass ein Mensch sein Urheber sei. Es fallen die Worte 'Kunststück' und 'Kunstwerk'. Nicht uninteressant. Und dann: "Von der freien Produktionskraft des Menschen erwarten wir noch ganz anderes als eine solche Musik, die uns nur interessiert, wenn sie, wie beim Schlage der Nachtigall, absichtslos, dem Ton menschlicher Empfindung ähnlich, aus eigentümlicher Lebendigkeit hervorbricht." - So ist das. Man weiss nie, ob sich nicht irgendwo in den Satzbuschwerken eine Nachtigall verbirgt.

"Du, hat er heute wieder etwas über Schiller und Goethe gesagt?" - Ja freilich hat er über den Philosophen Schiller gesprochen, und auch der Naturforscher Goethe hatte die Ehre. - "Nun sag schon!" - Zu Schiller: Man fühle es "einer Periode seiner Werke an, dass er - mehr selbst, als für die unbefangene Schönheit des Kunstwerks erspriesslich ist - mit dem Gedanken sich beschäftigt hat." - "Vow!" - Sehr schön, ja. Bei Goethe hat er dann noch einen draufgesetzt, als er von dessen "stets sich gleichbleibender, vom Begriff ungetrübter Unbefangenheit" sprach.

[Die Idee muss eben sinnlich scheinen, sie darf sich nicht als Idee aufdrängen. Wir wollen nicht, dass der Dichter uns etwas 'sagt'. Man merkt den Gedanken, und man ist verstimmt.]

"Was Schiller wohl dazu sagen würde?" - Er ist einverstanden damit. Das kann man nachlesen in "Über naive und sentimentalische Dichtung". - "Eine Empfehlung?" - Nee, aber 'Über die ästhetische Erziehung des Menschen" ist ein Muss! Das Schlüsselwerk zum Verständnis des Deutschen Idealismus." - "Angeber!" - "Ok."