T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Samstag, April 25, 2009

3sat, 20.15: Mendelssohns Hebriden-Ouvertüre. - Reine Stimmung. Einheitliche Stimmung. Unterschiedlichste Elementen werden in einen Stimmungsraum geworfen. Dieser wächst, wird reicher, gewinnt an Fülle - und bleibt der eine Stimmungsraum.

20.30: Nun stehen Johann Strauss, Wagner, Debussy u.a. auf dem munteren Programm des Frühlingskonzerts der Wiener Symphoniker. Ich will mir die Stimmung durch keine beste Musik verderben lassen und drücke den richtigen Knopf. Ich folge meinen Gedanken:

Mendelssohn hat die Ouvertüre zum 'Sommernachtsstraum' mit 17 Jahren geschrieben. [Nicht dass ich übermässig beeindruckt bin, wenn mir von einem berichtet wird, der bereits mit 17 seine ersten 20 Sinfonien geschrieben haben soll. Aber diese Ouvertüre! Dieses bezirzende Klanggewebe! ...] - Ob Wittgenstein tatsächlich Vorbehalte gegenüber Mendelsssohn hatte? [Wer liest schon gründlich 'Vermischte Bemerkungen'?] - Die Gedanken werden auf das Gehörte versammelt: "Reine Stimmung ... der eine Stimmungsraum", und schon löst sich die Versammlung auf: Die Sache entgleist auf beschämend einfältige Weise, wenn der liebeskranke Dichter in den Kreis der Lieder gerät:

Die Rose, die Lilie, die Taube, die Sonne,
Die liebt' ich einst alle in Liebeswonne.
Ich lieb' sie nicht mehr, ich liebe alleine
Die Kleine, die Feine, die Reine, die Eine;
Sie selber, aller Liebe Wonne,
Ist Rose und Lilie und Taube und Sonne.

Ein Mittel, die Entgleisung aufzuheben, wäre die Setzung eines hier sehr gut passenden Titels:

Laute, Wörter, Sätze 10/103

1 Comments:

Blogger Philotustan said...

Hegel kann meine Verblüffung über den Geniestreich des jungen Mendelssohn nicht ganz mitvollziehen. Sie wäre mir erspart geblieben, meint er in einem Kommentar, wäre ich den Ausführungen über das Wesen der Musik in seinen Vorlesungen über die Ästhetik mit grösserer Aufmerksamkeit gefolgt und hätte daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen:

Die Musik, welche es sich nur mit der ganz unbestimmten Bewegug des geistigen Inneren, mit dem Tönen gleichsam der gedankenlosen Empfindung zu tun macht, hat wenigen oder keinen geistigen Stoff im Bewusstsein vonnöten. Das musikalische Talent kündigt sich darum auch am meisten in sehr früher Jugend, bei noch leerem Kopfe und wenig bewegtem Gemüte, an.


Ich möchte meinem prominenten Leser an dieser Stelle ein paar klitzeklatzekleine Kränzchen winden:

Schön, wie er Scrutons "The aesthetic interest is an interest in appearances" blank und frei wiedergibt: "Das Schöne hat sein Leben in dem Scheine." Schön, wie der grosse Systematiker "die lichtlose dürre Trockenheit des Begriffs erheiternd belebt". Sein von Minderwerigkeitsgefühlen nicht gerade geplagter Geist ist immer anregend und eine Fundgrube für interessante, das Denken belebende Beobachtungen.


[Wenn einer beispielsweise darüm bemüht ist, eine Theorie der musikalischen Bedeutung oder des musikalischen Gehalts zu entwickeln, könnte ihn eine Erinnerung an den jungen Mendelssohn oder das Kind Mozart vor der einen oder andern zu hoch greifenden Verirrung bewahren.]

April 26, 2009  

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