T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, September 25, 2007

Falscher Ort, falsche Zeit: Es durfte nicht überall und jederzeit getanzt werden. Die privaten Tanzveranstaltungen in einem der mittlerweile verlassenen Häuser im Weiler Zermeiggern ausserhalb des 200-Seelen-Dorfes Saas Almagell waren offenbar sehr im Sinne des 'Ghornutu' (der Gehörnte), der sich immer mal wieder unauffällig unter die Tanzenden mischte, zu erkennen nur an seiner ausgeprägt gepflegten Erscheinung und den Bocksbeinen, die erst zu sehr später Stunde einem der Feiernden auffiel und deren Anblick die sündhafte Versammlung unmittelbar auseinanderstieben liess.

Zu den gefallenen Engeln


Ich weiss nicht, ob ich die Geschichten, die ich als Bub mitbekam, richtig erinnere. Aber ich bin mir sicher, dass der Denkweg, auf den sie mich gebracht haben, dereinst in die Hölle führen wird. Denn dieser Weg ist versonnen und grüblerisch; er folgt dem Gang zur Kommunion nylonbestrumpfter Frauenbeine und führt unter dem Wohlklang lateinisch gesungener Messen zu allzu beschwingten Reflexionen: Die Erde ist ein Jammertal - doch es gibt ja noch die Sünde.

[Ich sagte 'Frauenbeine'. Klar, auch ich interessierte mich nicht für Mädchen. Hätte ich sonst bei einer Beichte eine Reihe von auf des nächsten Weib gerichteten Begehrlichkeiten gestehen können? Und daran erinnere ich mich nun ganz genau.]

Wenn der Teufel überall lauert, dann - so schliesst der kleine Denker - gibt es was zu sehen. Und was gibt es zu sehen? Nun, genau das, wonach am aufmerksamsten zu fahnden das kleine Reflexionsgenie angehalten ist: Das EINE eben, in der Form von 'Gedanken, Worten und Werken'. Ich bin mir nicht sicher, ob Männer immer an das eine denken. Aber bei phantasiebegabten kleinen Gewissenserforschern ist es bestimmt so. Es bedarf da nicht unbedingt einer Verschärfung durch den mit der Bestimmung zum Priesteramt des erstgeborenen Buben verbundenen Gedanken, wonach der versonnene Grübler den zum Altare Gottes strömenden Strumpfpaaren dereinst nichts weiter als eine kleine weisse Hostie einführen darf.

So kommen die bösen Frauen in die Welt. So beginnt die charmanteste Verdächtigung sich auszubreiten. Das ganze Register ("Madamina, il catalogo è questo") steht unter Verdacht: "la bionda, la bruna, la grossotta, la grande maestosa, la piccina, le vecchie, la giovin principante: non si picca se sia ricca, se sia brutta, se sia bella, se sia ricca". Non si picca, Leporellos Gebieter, und fährt schliesslich unter markerschütternd schönen Klängen zu den gefallenen Engeln. (1)

Ich will hier stichwortartig ein paar wirklich bösartige Sätze anführen, bei denen selbst dem Teufel speiübel wird: ekklesiogene Neurose - blosse Projektion - Männerphantasien.

Unser wackerer kleiner Denker ahnt noch nichts von derlei abartigen Gedankengängen. Er nimmt begierig auf, was ihm an bildhaften Worten vorgekaut wird. Wachen Sinnes versinnt er sich in ihnen und bastelt daraus eine singende, betende und tanzende Welt, angefüllt mit sündhaftem Zauberwerk. - Später dann glaubt er den Zauber zu durchschauen und beschreibt seine armselige Entdeckung mit dürren Worten. Und noch später entdeckt er mit Erleichterung, dass ihm auf der geistigen Durststrecke die geistlich-sündigen Worte nicht abhanden gekommen sind.

Tja, und dann geht er hoam.

Und so wird abschliessend einem wirren Blog durch Anspielung auf einen weniger wirren Blog ein Anhauch von Systematik verpasst.


(1) Oder ins Reich der Königin der Nacht, der mit den grossartigsten Koloraturen beschenkten Schönen, bei der wenigstens keine weihevolle Stimmung aufkommt. Noch lieber freilich mag man dem erdhaften Gestotter Pa-pa-pa-pa-, ihr wisst schon, zuhören. Oder, wenn ich gerade dabei bin, den so liebenswürdigen Melodien der Menschenwesen Sigmund und Sieglinde, denen inmitten des grossartigen Treibens der 'Walküre' nichts Grossartigeres als die Liebe widerfahren ist.