T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

Mein Foto
Name:

Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, Dezember 26, 2006

[Das hier muss noch vor Jahresende erledigt sein. Ich möchte es, zusammen mit dem Wunsch, das Hauptwerk meiner mittleren Periode ("Der Begründungszwang") doch noch zu veröffentlichen, im alten Jahr zurücklassen. Ein eminent psychotherapeutisches Unterfangen also, das niemanden im geringsten zu interessieren braucht. Für Wittgensteinliebhaber sei aber doch angemerkt, dass ich dies im Anschluss an die Lektüre der Paragraphen 641-642 aus "Über Gewissheit" geschrieben habe.]

Auf Wittgensteins Couch


"Aber ich kann mich natürlich immer irren." - "Woher weisst du das?" - "Ich habe mich schon so oft geirrt." - "Das kannst du nicht wissen!" - "Ich gehe davon aus, dass ..." - "Mit welcher Berechtigung?" - "Du musst aber doch zugeben, dass ..." - "Hast du eine Ahnung!" usw. usf.

Zwinge den, der unter dem Begründungszwang leidet, dazu, mit der Begründung ständig fortzufahren; lass keine Evidenz gelten; jeden Hinweis auf einen tatsächlichen Irrtum weise als inkohärent zurück; weise darauf hin, wie ungeheuer bedenklich und willkürlich seine Bedenken sind ("Warum setzt du erst hier/gerade hier mit deinem Zweifel ein?"), und wenn er wimmern sollte: "Ich meinte doch nur ...", frag ihn, was er denn unter 'meinen' verstehe usw. usf.

Wittgenstein führt eine Menge von Verfahren an, die - zusammen mit andern, ähnlichen Verfahren - dem unsinnigen Zweifel die Spitze nehmen und den Begründungszwang lockern sollen. (Du kannst dir selber solche Verfahren ausdenken.) Es hätte gar keinen Sinn, würde den Zweck verfehlen, hier Argumente auftischen zu wollen. Was Wittgenstein bekämpft, ist eine Krankheit, und Argumente sind natürlich Dinge, an denen der Kranke sich festbeisssen kann: Argumente schaden ihm nur.

Wittgenstein ersetzt Argumente durch therapeutische Verfahren.

Die Therapie dauert lange, und Wiederholungen sind unvermeidlich. Das therapeutische Verfahren lebt von solchen Wiederholungen.

[FINIS OPERIS. - Tja, das ist nun auch der Fall. Und noch manches wird der Fall sein, bevor das Jahr ausklingt. Und danach wird das Werk, das eben verabschiedet wurde, vielleicht wieder aufgenommen werden. Damit wäre dann wieder etwas anderes der Fall. Das Schöne daran: Nichts muss der Fall sein, weil etwas anderes der Fall ist. Und am Ende wird gestorben. Auch das ist dann der Fall. Und dann werden die Vögel singen. Ohne mich. Das ist der Ereignischarakter der Welt.]