T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Montag, Dezember 04, 2006

Nietzsche ein Atheist?


Nicht dass ich wüsste.

Ich lasse es bei dieser Antwort bewenden. Die Frage ist genau so dämlich, wie sie dreinschaut. Am besten vergisst man sie gleich wieder. Sie ist unergiebig. Sie unterstellt, dass sich da einer die Frage nach der Existenz Gottes gestellt und beantwortet hat. Das mag ja sogar sein. Aber mit dem, was an Nietzsche interessant ist, hat das nichts zu tun.

Nietzsche hat eine Diagnose gestellt. Sie lautet: "Gott ist tot." Wem wird hier eine Diagnose gestellt? Dazu ein kleiner Hinweis: Es darf vermutet werden, dass diese Diagnose nichts über den Gesundheitszustand des Schöpfers aussagt.

"Wir haben ihn getötet." - Hieraus dürfen wir schliessen, dass er nicht mehr unter uns weilt. Und das ist eine Aussage über die Hinterbliebenen.

Wer sind die Totschläger? Wie ist ihre geistige Verfassung? (Muss ihnen etwa eine verminderte Zurechnungsfähigkeit attestiert werden?) Sind niedrige Beweggründe im Spiel? Sind sie einsichtig? Zeigen Sie Reue? Wie geht es ihnen jetzt? - Das sind gute Fragen. Warum? Weil Nietzsche dazu verdammt viel gesagt hat.

Die Antworten: Die Totschläger sind 'wir'. Ihre geistige Verfassung ist prächtig. Zurechnen darf man ihnen schlicht alles. Es sind moralisch hochstehende Menschen, die keine Reue zu zeigen brauchen. Ihr moralisches Empfinden ist bis zu einem Grad entwickelt, der es ihnen geboten erscheinen liess, zum Messer zu greifen. Es geht ihnen mittelprächtig. Sie sind ein bisschen unglücklich, aber das mit dem besten Gewissen. Das Motto: "Ich bin zwar unglücklich, aber redlich."


"Und was ist jetzt mit der Existenz Gottes?" - "Davon war nicht die Rede." - "Verdammt! Was ist damit?" - "Gott ist tot. Und wir haben ihn getötet." - "Du nervst!" - "Liebst du ihn?" - "Eigentlich schon, aber ..." - "'Üb immer Treu und Redlichkeit', ich weiss. Wie wär's, wenn du von dieser Redlichkeit mal ein klein wenig ablassen und deiner Liebe nachgeben würdest?" - "Aber das ist unsauber, wie soll ich sagen? ..." - "Es ist nicht ganz koscher, das Lob Gottes zu singen. Ein Ideal steht uns im Wege. Das Ideal der Redlichkeit. Wir müssen Moral abbauen, um unbekümmert in den Gesang der Vögel einzustimmen."

[Eine weitere Ausführung des hier Angedeuteten könnte etwa unter dem Titel 'Portrait eines Totschlägers' erfolgen. Diesen Satz einbauen: Wir müssen uns den Mörder Gottes als einen hochmoralischen Menschen vorstellen.]