T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Freitag, Mai 04, 2012

Karl Kraus soll mal gesagt haben, dass ihm zu diesem Mann [Adolf Hitler] nichts mehr einfalle. Da hat mein Held aber nicht so schnell klein beigegeben. Dem ist zu Hitler Gewaltiges eingefallen. Bei der vom Führer angeführten Bewegung waltet und weltet es aus Ur-Urgründen, was das Zeug hält. Wenn man ihn nur richtig versteht, versteht sich. Aber mein Held hat halt alle verstanden, besser, als sie sich selber verstanden, Platon, Heraklit, Kant, … und eben auch den wahren Kern der Bewegung. Die Seinsgeschichte höchstpersönlich erlebt eben einen entscheidenden Umbruch, und mein Held ist mittendrin. Und natürlich wie immer schon ein bisschen weiter, insofern er (und in seinen tiefsten Momenten auch der Führer) allein weiss, worum sich die ganze Geschichte eigentlich dreht und wohin der begeisternde Aufbruch letztlich führen wird.

Ich muss jetzt zwischendurch mal ein bisschen jammern. Oder vielleicht mal schlicht kundtun, was mich an der ganzen Chose dermassen beisst:

Da ist dieser kurzbeschnauzte Beller mit seinen gestiefelten Schlägern. Und da ist auf der andern Seite meine  Denkwurzel, die, inspiriert von seinem Gebelle, ihre machttrunkenen philosophischen Träume spinnt. Dem Heidegger fällt halt immer was Grosses ein, und ich wünschte mir beispielsweise, ihm wäre bei der Begegnung mit seinem jüdischen Ex-Kollegen Karl Löwith Mitte der 30er Jahre auf einem Kongress in Rom schlicht eingefallen, wenigstens für die Dauer des persönlichen Gesprächs das Parteiabzeichen mit dem Hakenkreuz abzulegen. Oder es wäre ihm eingefallen, sich zwischendurch auch mal ein paar Details wie die Verbrechen der Schläger, Schergen und Schreibtischtäter vorzunehmen. Solche Dinge hat man bei so was Schicksalshaftem wie der zweiten Revolution der abendländischen Seinsgeschichte wohl gelassen in Kauf zu nehmen? (1) - Ich finde Heideggers Nazi-Gefasel auch darum besonders unerträglich, weil er da auch zahlreiche  mir durch ihn liebgewordene Wörter und Wendungen in den braunen Schmutz zieht. (2)

So! Genug gejammert! Die zweiteilige Vorlesung hat schon begonnen. Ich freue mich auf ca. 150 Seiten Ausführungen über die Langeweile (1. Teil) und ebensoviele Seiten über die Tierchen (2. Teil). Und wo bleiben die "Grundbegriffe der Metaphysik?" Verdammt gute Frage! Ein Ansatzpunkt für eine kleine Arbeit über die 'Methode' Heideggers, die ich auch in meiner Einführung in Heideggers Vokabular anzuwenden gedenke. Ich plane, ein paar Geschichtchen zu erzählen. Tja, da hat die Denkwurzel halt schon recht: Man muss den Weg schon gehen; eine noch so exakte Wegbeschreibung allein bringt's nicht. (3) Heidegger: Stets mitten drin. Immer gleich auf dem Weg! Faszinierend, mitreissend und - letzter Seufzer - gelegentlich auch scheusslich.



(1) [Karl Löwiths Bemerkung aus dem letzten Blog]: Sollen wir die erste Revolution studieren oder uns gleich aktiv an der zweiten beteiligen?
(2) Da drängt sich einem die Rede von einem 'Jargon' (der Eigentlichkeit) schon auf.
(3) "Was ist Metaphysik?", lautet beispielsweise die Frage, und flugs stecken wir mittendrin.