T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Mittwoch, April 04, 2012

Unterwegs im Hochschwarzwald. Meine Gedanken kreisen um das Sein im Ganzen. Ontologie. Fundamentalontologie! Ne, kleiner geht's heute nicht. Wer sind wir denn? Wo sind wir denn? Die (im vorigen Block erwähnte) Holztafel: "Also gelesen haben wir das Buch schon; aber das versteht man ja nicht." Versteh ich denn das Zeug überhaupt? Nicht eigentlich. Oder eigentlich schon? In der mir verdammt vertrauten Stimmung der Langeweile bin ich schliesslich immer schon vor das Sein im Ganzen gebracht. Meint jedenfalls der, der einen beträchtlichen Teil seines Lebens da unten in der Hütte verbracht hat. Ich verkneife mir einen Abstecher und verbleibe im Metaphysischen. Wie schaut denn also dieses Sein aus, wenn wir vor es selbst zu stehen kommen? Nun, es steht dann eben vor uns; es wendet sich uns zu; es steht da, abweisend wie eine grell weisse Wand. Vor wenigen Tagen noch waren wir in Zeug und Geschichten verwickelt, von Zeug und Geschichten in Anspruch genommen. Jetzt steht sie da, die ganze Chose, in pures Sein verwandelt, pures Sein, und sonst gar nichts. Es ist da. Ok. Und was habe ich damit zu tun? Nichts. Und wie steht um dieses Nichts? - Ich verzichte darauf, selbiges noch nichten zu lassen und damit den Carnap noch mehr in Harnisch zu bringen. Diese ganze - ihr närrisches Wesen verleugnende - Gedankenmeierei hängt mir sowieso zum Hals raus. Und zum zigten Mal verscheuche ich einen Gedanken, der sich mir jedesmal aufdrängt, wenn ich an dieser Biegung des Denkwegs angekommen bin: Das ist doch eine verblüffend gute Beschreibung der depressiven Verstimmung. Und dann: Spinnst du? Lass den Heidegger da raus! Es geht hier bestimmt nicht um so was Belangloses wie deine Verstimmungen. Der Mann hat mit Parmenides und Heraklit und all den andern bestimmt nicht über deine Wehwehchen gesprochen. Himmel Herrgott Donnerwetter! Dass du überhaupt auf den Gedanken kommen kannst … Hoppla! Da hat einer dieselbe Abkürzung über einen immer noch schneebedeckten, abschüssigen Wiesenhang genommen, bloss halt im Gegenuhrzeigersinn. Ein Querdenker? Geht so: Es ist der Safranski. Wir bleiben keuchend voreinander stehen. Es entwickelt sich ein Gespräch. Hütte, Feld- Denk- und Holzweg … Es tut gut, so stinkgebildet miteinander plappern zu können. Da-dasein. Ja, der Fritz, der kann einem schon ans Herz wachsen. Geworfensein? Ne, kein nennenswertes jedenfalls: Wir haben doch beide die Überquerung des Hanges heil überstanden? Eigentlich schon! Gekicher. Es tut wohl, sich gehenzulassen und sich in diesem Jargon zu suhlen. Ja, das Wetter ist wunderschön: Wälder lagern, es murrt kein Wind, die Landschaft zeigt nicht ihr verdriessliches Gesicht. [Von der Erfahrung des Denkens. Pfullingen anno sowieso. Wir tragen das Zeug ja im Kopf mit uns herum.] Und natürlich die Sorge. Ich erzähle von dem Gedanken, der mich, immer wiederkehrend, plagt. Aber den grossen Erzähler hat es nun sehr gefreut: Er zieht weiter. Doch vorher hat er mir noch ein Sätzchen mit auf den Weg gegeben, eine kleine Ermunterung: Halte an deinem Gedanken fest! Er ist so abwegig vielleicht nicht:

"Heidegger liebt die grosse Gebärde, weshalb man nie genau weiss, ob er vom Abendland oder von sich spricht, ob nun das Sein überhaupt oder sein Sein zur Debatte steht."

Was für eine Erleichterung für den gequälten Philotustan, der sich nie sicher ist, ob er denn überhaupt je etwas Relevantes oder bloss ein paar autobiographische Bemerkungen von sich gebe.


[Eben trifft noch eine Mail bei mir ein:

Ne, du brauchst nicht einschüchternd zu schreiben. Was hätte ich davon, wenn ich deine Schreibe nur unter Krämpfen lesen könnte? Diese Dinge versteht mein Bruder besser. Kein schöner Zug von ihm. Dass Leute, die nichts Rechtes gelernt haben, sich nie über etwas Geringeres als die Chose im Ganzen und so'n Zeugs verbreiten wollen und sich dabei so schrecklich wichtig nehmen, ist mir unverständlich. Na ja, meistens lache ich darüber. Ich wünsche dir ein gefreutes Da-dasein

dein Bruder im Närrischen

Fritz]