T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Montag, Januar 05, 2009

[Zwei Bemerkungen zur Anerkennung und etwas zu Kant]


1)
Ich bin verletzt, und es geht mir herzlich schlecht. Aber ich bin nicht empört oder vermag keine Empörung aufzubringen, frage mich sogar, ob ich nicht einfach zu empfindlich sei. - Was ist jetzt? Bin ich nun ungerecht behandelt worden, oder bin ich bloss eine Mimose? - Die Entrüstung eines andern darüber, wie ich behandelt worden bin, schafft Gewissheit. - "Das Selbstbewusstsein ist an und für sich, indem, und dadurch, dass es für ein Anderes an und für sich ist; d. h. es ist nur als ein Anerkanntes." (So beginnt das Herrschaft-Knechtschaft-Kapitel aus der PhG)

2)
Ich habe einen Text geschrieben:

Ich will nicht belogen, betrogen und verletzt werden. Ich verlange vom andern, dass er das akzeptiert. Ich verlange von ihm auch, dass er empört reagiert, wenn ein dritter diesen Willen missachtet, und dass er sich schämt und/oder schuldig fühlt, wenn er sich gegen mich vergangen hat. Auch der andere will nicht belogen, betrogen und verletzt werden. Er verlangt von mir, dass ich das akzeptiere und empört reagiere, wenn ein dritter diesen Willen missachtet, und dass ich mich schäme und/oder schuldig fühle, wenn ich mich gegen ihn vergangen habe. Ich anerkenne seinen Willen und reagiere mit den richtigen Gefühlen. Er anerkennt meinen Willen und reagiert ebenso. Wir wollen uns gegenseitig darauf verlassen können, dass der andere so und nicht anders tickt. Die Ansprüche des andern mir und Drittpersonen gegenüber müssen von mir anerkannt werden. Die wechselseitigen Forderungen gelten unbedingt, es darf an ihnen nicht gerüttelt werden.
(Den ganzen Blog findest du hier)


Das Ding ist von einer Verbloggung eines Textes von Tugendhat & Co. weit entfernt. Das ist Philotustan. Und da frage ich mich, höchst verunsichert, ob es überhaupt irgendwas tauge, und bringe diese Verunsicherung auch zublog. Kommt ein Anonymus, TH, und erklärt, er würde gerne noch viel mehr von mir zum Thema lesen. Und siehe da: Ich weiss jetzt, dass ich was zu sagen habe. (Dazu muss ich natürlich wissen, wer TR ist. Eine Anerkennung von jemandem, den man selber nicht anerkennt, funktioniert nicht. [Hegel drückt sich da sehr klar aus.]) Ich betrachte die kleine Figur, die ich da gezimmert habe, und bin ganz angetan von ihr, finde auch, dass sie sich noch ausbauen liesse:

Ich erwarte vom andern, dass er empört ist, wenn ich mich gegen ihn vergangen habe. Ja, so etwas kann man wollen. Es ist bestimmt nicht angenehm, wenn ich die Empörung im konkreten Fall zu spüren bekomme. Aber ich will, dass unsere gemeinsame Einrichtung auch in einem für mich ungünstigen Fall funktioniert; sie soll gelten, unbedingt, d. h. unabhängig davon, wie die Dinge für mich laufen mögen, unabhängig, davon, wie ich gerade gestimmt bin und dergleichen "empirische Beimischungen". - Das war nun schon


3)
Kant. - "Und Kant?" "Leider völlig unbrauchbar. Kann nichts mit ihm anfangen." [Ich überspringe jetzt die paar Hundert Blogs, wo ich wortreich darlege, warum ich mit Kant nichts anfangen kann. In einigen gehe ich so weit zu behaupten, dass niemand diesen Kant wirklich ernstnehmen künne.] Und kaum löse ich mich ein kleines bisschen von meinen meistgelesenen Autoren, da stelle ich - beschämt, jauchzend, ich weiss nicht, wie mir geschieht - fest: Das ist ja verdammt nah bei diesem Kant! Oh Schreck! Oh Freude! Oh oh oh ...


[Man spürt es: Philotustan wird gerade nicht von Minderwertigkeitsgefühlen geplagt. Wie kommt das? "Ein menschliches Wesen kommt zu sich, indem, und dadurch, dass es von einem andern anerkannt wird." - Ein Sätzchen mit Entfaltungspotential, ein Scherenschnitt, eine Einladung, eine Hegelsche Girlande über ein paar Blogs zu spannen. Tja, ich warte seit Jahren auf meinen Blog zum Herrschaft-Knechtschaft-Kapitel. Veni, creator spiritus! Komm, Hegelscher Geist, auf mich herab!]


[Für Thomas Ruprecht]