T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Mittwoch, Dezember 31, 2008

Der Tatort vom letzten Sonntag:

"Im Fitness-Raum des Flughafenhotels wird die Leiche eines nackten Mannes mit asiatischem Aussehen gefunden, sein Kehlkopf wurde von einer Hantelstange zertrümmert. Sänger und Dellwo stehen vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel, denn es fehlt jeder Hinweis, wer der Mann ist, wo er herkam und warum er umgebracht wurde.

Ein erster Hinweis ist ein Handelskongress im Flughafenhotel, an dem mehr als 600 Chinesen teilnehmen. Sänger findet heraus, dass das Opfer am Abend seines Todes mit drei Kongressteilnehmern in der Hotelbar zusammensaß und dann mit ihnen in Streit geriet.

Inzwischen versucht am Frankfurter Flughafen ein Chinese voller Nervosität , mit Pass und Ticket einzuchecken. Er ist am Morgen als Reinigungskraft auf die Leiche gestoßen und gleicht dem Mordopfer aufs Haar. Nun will er aus der Ähnlichkeit Nutzen ziehen und mit den Papieren des Toten in die USA gelangen. Doch als der Chinese durch die Passkontrolle will, reißt ihm jemand die Papiere aus der Hand. Jemand, der auf der Suche nach ihm ist – oder vielmehr auf der Suche nach Tony Wang. Etwas Licht ins Dunkel bringt schließlich Shavkat Nazarow. Er berichtet Dellwo von einem Geschäft, das der tote Tony Wang ihm angeboten hatte: Irgendwo in Frankfurt steht ein Container mit chinesischen Flüchtlingen ohne Nahrung und Wasser.

Sänger und Dellwo wird klar, dass sie es nicht nur mit einem kaum zu überblickenden Mordfall zu tun haben, sondern ebenso mit einem erschütternden Wettlauf gegen die Zeit."

(Internet, S. IR0815-GE-5180-ND007-WO700; Hervorhebung von mir)

Ran an Sofies Wäsche!


ein Chinese voller Nervosität: Klar doch, der Mann, wahrscheinlich auch in einem Container nach Deutschland eingeschleust und jetzt schwarz in Frankfurt arbeitend - er spricht weder Deutsch noch Englisch -, hat eine Leiche gefleddert, eine falsche Identität angenommen und ist nun in eine heikle Situation geraten. Nur: Der Mann ist nicht die Bohne nervös. - Nach dem missglückten Einchecken wird er von zwei Männern, die ihn für Tony Wang halten, verschleppt und verprügelt. Er kann fliehen und bewegt sich mit einem gebrochenen Finger durch Frankfurt, erledigt ein paar bemerkenswerte Dinge, wird von der Polizei gestellt und schliesslich ausgewiesen.

Er hat beim Putzen die Leiche entdeckt, schaut sehr aufmerksam hin, dann nimmt er Reisetasche, Pass, Portemonnaie mit Kreditkarte, Brille und Bekleidung, alle Habseligkeiten des Toten nimmt er an sich und geht weg. Der Mann tut in der gegebenen Situation ein paar naheliegende, höchst nützliche Dinge.

Beim Einchecken wird er auf Deutsch und Englisch nach diesem und jenem gefragt. Er sagt genau ein Wort, zweimal: 'Amerika'. "Haben Sie kein Gepäck dabei?" - "Amerika." Ganz unaufgeregt. "Would you like to ...?" - "Amerika."

Der Mann quasselt nicht, verzieht keine Miene; er irrt und hüstert nicht durch die Stadt, er geht einen Weg, ruhig und aufrecht.

Eine aus China importierte Reinigungskraft verrichtet ihre Sklavenarbeit, um u.a. den Pass wiederzubekommen, den man ihr abgenommen hat, ergreift eine Gelegenheit, unternimmt dies und das - einiges gelingt, vieles geht schief -, und lässt sich schliesslich von Ausschaffungsbeamten zum Flugzeug begleiten. Immer unaufgeregt, immer aufmerksam, überlegt, schweigsam, immer aufrecht.


Dem Philotustan, einem Freund der Weisheit (Von Ferne sei herzlich gegrüsset!), erwächst der Wunsch nach einem Quentchen Weisheit: ein bisschen weniger Aufgeregtheit, etwas weniger Sorge/Bekümmertheit um die ach so sosoige Kuzunft, sich etwas weniger wichtig nehmen (Rasieren ist wichtig, Herrn Hinzes Anerkennung weniger), die Selbstbewusstheit (self-consciousness) runterschrauben.


[Meine Frau Susanne hat ihren gestrigen freien Tag auf dem Sofa mit Dingen wie Serien und Sternstunden der Philosophie verplempert: "Weisst du, wenn ich mir gross Gedanken über solch ein Treibenlassen machen würde, würde ich mich dadurch bloss übertrieben wichtig nehmen."]


[Ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter Tatort. Die verhalten arrogant belehrende und nicht völlig unplausible Art etwa, mit der der Manager des Handelskongresses den Polizeibeamten, unaufgefordert und ohne sich wirklich zu belasten, seine Beteiligung am Menschenhandel erklärt, wäre schon einen Blog wert. Das wirkt schon nach. Mal sehen ... Aber an den Putzsklaven aus China reicht nichts anderes ran. Und fürs erste wollte Philotustan sich halt mal ganz sachte an die Sofie ranmachen.]