T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

Mein Foto
Name:

Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Donnerstag, Januar 08, 2009

["Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloss als Mittel brauchest." Anmerkung: "Diesen Satz stelle ich hier als Postulat auf. Im letzten Abschnitt wird man die Gründe dazu finden." - Was vorher geschah:]


"Nun sage ich: der Mensch ... existiert als Zweck an sich selbst, nicht bloss als Mittel zum Gebrauch für diesen oder jenen Willen."

"So stellt sich notwendig der Mensch sein eigenes Dasein vor; ..."

Kommentar: Ja, so ist das!

Aussparungen zum Behufe der Vermehrung der Unreinheit


Was ich im ersten Satz liebend gerne ausgespart habe: "und überhaupt jedes vernünftige Wesen". - Der zweite Satz geht so weiter: "sofern ist es also ein subjektives Prinzip menschlicher Handlungen. So stellt sich aber auch jedes andere vernünftige Wesen sein Dasein ... vor; also[!] ist es zugleich ein objektives Prinzip ..."

Für alle Fälle: Unter den andern vernünftigen Wesen dürfen wir uns nicht etwa andere Menschen denken, sondern ... ja was weiss ich ... Engel und überhaupt alle vernunftbegabten Wesen, die wir uns irgendwie (aus)denken können. Wäre die Vernunft bloss eine Eigenschaft der Gattung Mensch - und somit unrein -, könnte sie für Kant niemals die verbindliche Kraft haben, die sie nach ihm tatsächlich und einzig hat.

Daraus allein, dass die Menschen notwendig diese Vorstellung von sich und ihrem Leben haben, scheint für Kant nicht allzu viel folgen zu können. - Tja, sollte etwas daraus folgen? - Ich will nicht naiv sein: Aristoteles hat die Sklaverei gerechtfertigt; die Sklaverei in den Vereinigten Staaten von Amerika ist noch nicht lange abgeschafft; es gibt heute himmelschreiende Ungleichheiten in zig Staaten dieses Planeten.

Ok, ich will nicht naiv sein, aber ein klein wenig bin ich es halt vielleicht schon: Ich vergegenwärtige mir die beiden Sätze, lasse mich von ihnen ergreifen - ich muss gestehen, dass besonders der zweite für mich etwas Anrührendes hat -, und dann kann ich nicht umhin zu sagen: Wer sich das wieder und wieder (auf seine eigene Weise) vergegenwärtigt, dem muss es doch verdammt schwerfallen, ernsthaft zu bestreiten, dass jedes Menschenwesen so behandelt werden muss, wie es sich in aller Selbstverständlichkeit selber versteht, nämlich als Zweck an sich selbst. Andere Behandlungsweisen von Menschen (durch einzelne oder Gemeinschaften) kommen doch schlicht nicht in die Tüte!

Ich mag gar nicht hören, wie Kant seinen 'praktischen Imperativ' zu begründen versuchen wird. Ist doch eh klar, was dabei rauskommt: Es wird nicht klappen: Da ist ein 'subjektives Prinzip', ein sehr schönes, anrührendes, eines, bei dem lange versonnen und phantasievoll zu verweilen sich lohnt. Und dann wird durch die Bemühung, Gründe für es zu finden und es damit irgendwie in den Status eines 'objektiven' und so erst verbindlichen Prinzips zu erheben, am Ende doch nur wieder alles versaut.


[Noch was aus dem Hinterstübchen: William James, sinngemäss: "Begegne jedem Menschen zunächst mal mit einem gewissen Wohlwollen. Tust du das nicht, nenne einen Grund." - Das gefällt mir: Erst mal verhalten wir uns anständig. Wenn nicht, haben wir uns zu rechtfertigen. Und dass wir anständig sind, werden wir nie rechtfertigen. (Schon klar, das spricht überhaupt nicht gegen philosophische Begründungen; ich mag sie bloss nicht übertrieben gut. Egal.) By the way: Heute bei Nagel aufgeschnappt, wiederum sinngemäss aus dem Hinterstübchen: Rechtfertigungen haben ein Ende; das Ende liegt dort, wo wir sie enden lassen; und das ist dort, wo wir keinen Bedarf mehr für sie haben.]