T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Freitag, Dezember 12, 2008

Rubriken: Nachdenken über Moral; Blogs, die nie geschrieben wurden


Ich will zuerst kurz erklären, warum ich diesen Blog nicht schreibe:

Wenn es darum geht, "ein reflektiertes Verständnis des ethischen Lebens zu gewinnen, entnimmt (die Philosophie) oft der Literatur ihre Beispiele. Warum nicht dem Leben? Diese Frage ... hat eine kurze Antwort: Das, was die Philosophen sich und ihren Lesern als Alternative zur Literatur präsentieren würden, wäre nicht das Leben, sondern schlechte Literatur." (Bernard Williams)

Ich habe an meinem Beispiel herumlaboriert und dabei richtig gelitten. Williams gab mir dann den Rest.

Was aber schon geht: Erinnere dich daran, wie es dir einst gelungen ist, einem (dir relativ unbekannten) Menschen eine richtig grosse Freude zu bereiten. Du hast dabei etwas für ihn getan, was für dich mit einem gewissen Aufwand verbunden war. Erinnere dich vor allem an möglichst viele Gefühle, die da (auch vor- und nachher) mit im Spiel waren. Beziehe auch die Reaktionen der Leute ein, die mitbekommen haben, was du da angestellt hast.

(Ein Hinweis für Kantianer: Man weiss ja nie: Es ist immerhin nicht auszuschliessen, dass ihr euch hier auch mit einer geballten Ladung an höchst angenehmen Gefühlen konfrontiert seht. Da heisst es: Augen zu und durch! Ihr vergebt euch ja nichts. Davon gleich.)

Du kannst das Szenario dann auch beliebig variieren. Du stellst dir vor, dass du nicht erfolgreich warst, dass die Reaktionen (des betroffenen Menschen wie deiner Umgebung) ganz anders ausgefallen sind, dass der Aufwand entschieden grösser als erwartet war, je nachdem halt.


Du magst dich dann auch fragen, was deine kleine Geschichte mit Moral zu tun hat, vielleicht auch, ob sie deiner Meinung nach überhaupt etwas mit Moral zu tun hat. Die Frage, ob deine Tat irgendeiner tradierten Moralvorstellung entspricht, lässt du am besten aussen vor. Frage dich lieber, was du an ihr gut findest und was sie mit (deiner Vorstellung von) dir und deiner Vorstellung von einem guten Leben zu tun hat.

[Angenommen, du hast dich bei und/oder nach deiner Tat so richtig wohlgefühlt, plagt dich vielleicht die Frage, ob dein Motiv letztlich nicht doch ein egoistisches war. In diesem Fall wäre ein Besuch in meiner philosophischen Beratung vielleicht doch mal angebracht. Das ist einer der ganz wenigen Punkte, wo ich punkto Moral den Durchblick habe. Ansonsten herrscht da ein ziemliches Durcheinander, bei dem zu verweilen die Herren Williams und Tugendhat mich ermuntern. Ich bin überhaupt recht zuversichtlich und habe mir heute die zweisprachige Artemis-Ausgabe von Platons 'Politeia' bestellt. Sie wird sich bestimmt gut machen in meinem Beratungszimmer.]


Hier ein verwandter Blog, den ich heute und morgen auch nicht schreibe, den du dir aber auch leicht selber zusammenstiefeln kannst: Die kleine Episode, wo jemand seine Pet-Flasche ungeniert/ungerührt auf die Papiere gestellt hat, die du da - auf engstem Raum, versteht sich - vor dir ausgebreitet hattest. Oder für Seelen, die - wie ich - noch empfindlicher sind: die endlose Geschichte mit dem Fersentreter. Mit den dazugehörigen Gefühlen und eventuellen Variationen sowie der Frage, was/ob die Sache etwas mit Moral zu tun hat.