T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

Mein Foto
Name:

Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, Dezember 09, 2008

[Egozentrizität und Mystik: EuM; Anthropologie statt Metaphysik: AsM]

Ernst Tugendhat hat sich wiederholt mit der intellektuellen Redlichkeit beschäftigt. Er spricht von zwei "missglückten Versuchen", seiner Habilitationsschrift (1967) und einem 1994 an mehreren deutschsprachigen Universitäten gehaltenen Vortrag, dessen Manuskript er inzwischen vernichtet habe. (EuM, 85, Anm.) In 'Egozentrizität und Mystik' (2003) nimmt das Thema einen nicht unbedeutenden Raum ein. In seinem neuesten Buch, 'Anthropologie statt Metaphysik' (2007) greift er es wieder auf und erklärt im Vorwort, dass ihm in EuM peinliche Fehler unterlaufen seien. Dann charakterisiert er seinen vorläufig letzten Versuch: "Dieses Stück hat mich am meisten Arbeit gekostet, aber ich habe das ungute Gefühl, dass das eigentliche Motiv zur intellektuellen Redlichkeit ein ganz einfaches ist, das ich, aus mir unerfindlichen Gründen, nicht vor den Blick bekomme." (AsM 7) - Vielleicht sollte Tugendhat die Bearbeitung des Themas einem weniger redlichen Autor überlassen.

[Das kurze Vorwort enthält eine ganze Reihe solcher Bemerkungen: Hier sei er steckengeblieben, dort sei ihm die Geduld ausgegangen. Sein Verhältnis zum Glauben sei ambivalenter, "als es in EuM scheinen konnte ... ich mache das jetzt nur explizit".]

Tugendhat ist es wichtig, darauf hinzuweisen, "dass man in der Mystik die Rede von 'Welt' und 'Universum' auch fallen lassen und einfach von einer Hinwendung zu 'allem anderen in seinem Eigensein' sprechen kann". Ein Freund habe ihn zu diesem Schritt veranlasst. Dieser Schritt "entspricht auch besser meinem eigenen Empfinden". (AsM 8)

Ich darf mich Tugendhat in diesem Punkt anschliessen. Schon interessant: Man hat ja auch so seine kleineren mystischen Erfahrungen, und wenn man nun versucht, sie zu Papier zu bringen, greift man fast schon unwillkürlich zu Ausdrücken wie 'Sein (im Ganzen)', 'All(einheit)', 'Transzendenz' und dergleichen. Ich persönlich greife in Momenten, wo ich von 'dergleichen' die Nase voll habe, schon mal zu einer Naturschilderung. Doch dann geht das Geklapper weiter. 'Hinwendung zu allem andern in seinem Eigensein': So was durchlüftet die Dachstube, erhellt sie, spricht das Gefühl an und motiviert den Blogger. Es sollte ihm leichtfallen, wegzuwerfen die ollen Klamotten, seine [Das brauche ich als Übergang zum letzten Abschnitt] vorgefertigten Schablonen.

Da hat einer nun ein Jahrzehnt oder zwei sich mit Moralphilosophie herumgeschlagen. Und nun erklärt er, er habe das "ungute Gefühl", "dass man sie eigentlich ganz anders sehen müsste, aber dass (er) von seinem Schablonendenken nicht loskomme". (7f)


Bene bene bene, molto molto bene, oooooh, wie tut das gut! ... Ooooh, wie gut die Liebe tut!

[Von der Liebe ist im neuen Buch auch die Rede, zumindest da, wo Tugendhat neben Aristoteles & Co. auch Erich Fromm und vor allem Iris Murdoch ('The Sovereignty of Good') ausgiebig (und mit verhaltener Begeisterung) referiert.