T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, Juli 17, 2007

Buchprojekt: Der kluge Hausherr: Hausgenossen: Die schwarze Dame

Seit ein paar Wochen habe ich keinen guten Draht mehr zur schwarzen Dame. Vielleicht liegt es daran, dass ich ihre Gemächer habe umbauen lassen. Jedenfalls will sie sich partout nicht mehr blicken lassen. Und dabei habe ich mich mittlerweile doch recht gut auf ihre spontanen Besuche eingestellt. Jetzt bin ich etwas beunruhigt. Es spielen sich ungewohnte Dinge in meinem Haushalt ab. Der Inkri etwa bemängelt, dass ich seine unermüdliche Arbeit nicht mehr recht zu schätzen wisse und droht mit Auszug. Ich hätte kein Gehör mehr für ihn. Dabei habe er, um nicht zu langweilen, sein Repertoire erweitert, indem er sich redlich Mühe gebe, meine "lölihaften Anfälle von Glucksen, Selbstbewusstsein und Zuversicht" aufs Korn zu nehmen. Doch lassen wir den Inkri weiterwursteln. Was mich schon mehr beunruhigt, ist das Interesse an meiner WG, das eine andere Dame, von der ich vermute, dass sie mit der schwarzen Dame auf vertrautem Fuss steht, hartnäckig bekundet. Ich bringe es einfach nicht fertig, ihr Ansinnen klipp und klar abzulehnen. Stattdessen durfte sie mich heute nachmittag in die Stadt begleiten. Sie ist ja recht unterhaltsam, steckt voller toller Ideen und schlägt mir vor, diese doch gleich in die Tat umzusetzen. Lauter harmlose Dinge, die einem so durch den Kopf schiessen, die zu tun oder zu sagen man sich wünscht, von denen man aber aus guten Gründen sogleich wieder Abstand nimmt: Ist es nicht eine Verschwendung wertvoller Ressourcen, wenn man beim Anblick jedes Sommerrocks mit gewissen Meriten gleich so ein albernes Geschäker vom Zaun bricht. Oder kann man denn ein Verkaufsgespräch nicht auch so führen, dass die Verkäuferin nicht an ihrer anfänglichen Überzeugung, es mit einem stinknormalen Kunden zu tun zu haben, zweifeln muss:

"Volksmusik. Bayern. Tirol - auch Franken - nicht ausgeschlossen. Am liebsten Drei- und Viergsang. Und wenn eine leise Chance besteht, dass die Gruppierung es in den Musikantenstadel schaffen könnte, liegen wir falsch." - Wer will es der Verkäuferin verdenken, dass sie mir nach einem kritisch prüfenden Blick ein trotziges 'Gibt es nicht!' entgegenschleudert. Und überdies hat sie ja recht: Dass dreistimmiger a-capella-Xang, von einer wackeren Bäckersfrau aus dem Allgäu zusammen mit ihren beiden Töchtern vorgetragen, ein Xang, der jede Septime vermeidet und als Grundton vorzugsweise die Terz verwendet, je den Weg in unsere Regale findet, ist sehr unwahrscheinlich. Sogar die Globalisierung hat Grenzen.

Palestrina. In der Rubrik 'Geistliche Musik' erwartungsgemäss nicht zu finden (die gibt es ja bekanntlich erst seit dem Barock). Rüberwandern zur 'Alten Musik'. Und so ein Wanderer bleibt nicht lange allein: "Kann ich Ihnen behilflich sein?" - "Nach Palestrina steht mein Sinn." Und zurück geht's zur 'Geistlichen Musik'. "Haben Sie an etwas Bestimmtes gedacht?" - "Klar doch! Immer!" (Die bewusste Dame, ich nenne sie mal 'die Mänu', weicht nicht von meiner Seite.) Und wieder zurück zur 'Alten Musik'. Ich habe keinerlei Mühe, mich zwischen den beiden CD's zu entscheiden: "Ich befürchte, dass beide Chöre den Palestrina nicht richtig drauf haben. Aber kein Problem: Hier gibt's ja jede Menge Tallis, und ..." - "Ich denke, Sie kommen allein zurecht." Und ab rauscht das kluge Mädchen.

Die Mänu kichert, ich beginne mir Sorgen zu machen. "Sorgen? Hoffnung! Du weisst schon!" Tja, ich lasse mich gehen: Wer überbordend gut drauf ist und riskieren will, den sakralen Raum direkt via die Kuppel zu verlassen, der ziehe sich dieses Stück Hoffnung rein!

Thomas Tallis: Spem in alium

... Lass fahren alle Hoffnung! ... numquam habui ... Wer braucht die schon, wo doch alles fraglos und klar und vollkommen ist. ... Schicksal, nimm deinen Lauf. ... praeter in te ... der du über der Kuppel thronst ... Das ist zuviel! Das packe ich nicht! Philotustan greift ein: "Abstellen! Sonst wirst du gleich hoch auf dem gelben Wagen an einen gewissen Ort verfrachtet." Ich stelle die Musik leiser, lege die Arme auf das kleine Pult, vergrabe den Kopf in den Armen und, auf diese Weise gut geschützt, lasse ich einer den ganzen Körper schüttelnden Flut von Tränen ihren Lauf.

So scheint sich die Mänu den Spass nicht vorgestellt zu haben. Jedenfalls ist sie auf einmal verschwunden. Ich werde mich mal mal gründlich mit ihr unterhalten müssen. Aber wie redet man mit so einem Weibsbild?

... Deus Israel, qui irasceris, et[!] propitius eris

So! Jetzt wird das Ding aber endgültig abgestellt! So komme ich ja nie dazu, einen halbwegs verständlichen Blog zu schreiben!