T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

Mein Foto
Name:

Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Samstag, März 04, 2006

[Diesen Blog widme ich Regina. Sie hat mir ein Stück ihrer Lebensgeschichte erzählt, das Faszinierendste, das mir, einem von grosser Literatur Verwöhnten, je begegnet ist.]

Liebes Tagebuch

In meinem Leben tut sich Grosses. Ich kann es nicht recht beschreiben. Und das ist mir piepegal. - Womit mir nun vielleicht doch schon eine erste gute Beschreibung gelungen ist.

Im Frühjahr 1990 schrieb ich meine beste Erzählung. Hier ist sie:

In einer Waldlichtung am Rande von Ostermundigen begegnete ich gestern mittag dem Sinn des Lebens. Als er mich erblickte, verkroch er sich im Unterholz. So hatte ich die Waldlichtung für mich allein.

Im Spätsommer 1972 blätterte ich erstmals im 'Tractatus'. Hier ist der Satz, dem kein weiteres Blättern den ersten Rang streitig machen konnte:

Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.
(Ist nicht dies der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand?)

Es ist nun völlig naheliegend, hierin eine weitere gute Beschreibung der Veränderung, die sich z. Z. in meinem Leben abspielt, zu sehen. Ich verzichte darauf. Und das lasse ich als weitere Beschreibung gelten.

Vor einiger Zeit beschloss ich, ein paar Dinge in meinem Leben zu ändern. Und ich machte mich mit grosser Ernsthaftigkeit ans Werk. Vor ca. zwei Wochen baute ich einen Rückfall von himmelschreiender Erbärmlichkeit. Doch anstatt nun irgendwie in die Tiefe zu gehen und mich angemessen zu hinterfragen und zu hintersinnen, fand ich die ganze Chose einfach lächerig. "Du bist ja ein richtiger Löli", sagte ich mir, ganz ohne den obligaten Ingrimm. Und irgendwie erbarmte ich mich des Erbärmlichen und - tja, ich beginne ihn zu mögen.

An dieser Stelle möchte ich denjenigen LeserInnen, die mir in der letzten Zeit von den Krisen und Rückschlägen in ihrem Leben berichtet haben, sehr herzlich danken. Mit ihnen fühle ich mich verbunden. Es ist für mich ein grosses Glück, mit diesen wertvollen Menschen die Unvollkommenheit teilen zu dürfen.

Den Philotustan mag ich eher weniger. Er hat eine Schlagseite ins Vollkommene. Das ist natürlich bäumig, aber nicht übermässig sympathisch. Philotustans Weisheit wächst, und der Löli bleibt zurück. Und wenn einer ein richtiger Löli ist, macht ihm das auch nicht sonderlich zu schaffen. "Mach's gut, und tschüss", ruft er dem Enteilenden hinterher und beschäftigt sich wieder mit den Lebenden.

Liebes Tagebuch. Es ist ja schaurig nett von dir, dass du all das Zeugs hier aufbewahrst. So besteht ja, wenn ich es später mal wieder heranziehe, die Chance, dass ich es dann besser als jetzt verstehe.

Für den Moment aber spintisiere ich noch ein bisschen weiter, indem ich eine letzte Beschreibung der Veränderung gebe: Der Alkoholiker war schon lange trocken. Und schliesslich wurde er nüchtern. (Dieser Gedanke wird hier etwas weiter ausgeführt.

In einem gewissen Sinne ernüchternd ist auch, was Jan eben bemerkte, als er diesen Blog kurz überflog: "Ich wusste ja, du schaffst es!"