T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Donnerstag, Januar 05, 2006

Rubrik: Die Philosophie Donald Davidsons

Warum gerade Davidson?


Keiner schreibt besser. Richard Rorty mag ihn. Für meinen Freund Thomas war er seinerzeit der Grund, von Germanistik auf Philosophie umzusatteln.

Ich selber habe in meiner Studienzeit den Namen 'Davidson' nie gehört. Ich war über 40, als ich mir den ersten Essay, 'The Conditions of Thought', reinzog. Thomas war in der Zwischenzeit in seinem Auslandjahr in Hamburg auf 'What Metaphors Mean' gestossen? Ich fragte ihn, bei wem er denn studiert habe? "Wolfgang Künne." - Ich, ganz Gelehrter: "Hat der nicht auch über Davidson publiziert?" - "Du kennst Davidson?" Ich kannte ihn noch nicht eigentlich, aber der damalige Student und spätere Verfasser der 'Unbestimmtheit der Verursachung' hat mir dann auf die Sprünge geholfen. Ganz eingenommen von Davidson war ich aber schon vorher:

Was mir an 'Sein und Zeit' am meisten gefallen hat, ist, wie dort mit der Setzung der Wörter 'In-Sein' und 'Mit-Sein' eine ganze Menge von erkenntnistheoretischem Bewusstseinsplunder von der Bühne gefegt wird. Aber irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen und konnte es nicht einfach dabei bewenden lassen, dass ich nun mit einem Schlag zusammen mit andern Existenzen an einer gemeinsamen Welt partizipieren sollte. Bei aller Begeisterung glaubte ich mir ein solches Ausmass an Naivität dann doch nicht erlauben zu dürfen. Was hätten denn Quine & Co. dazu gesagt? Und dann kam einer, der nun gar nicht ein Dummerchen zu sein schien und seinen Quine auch intus hatte, und stiess ins gleiche Horn wie die Denkwurzel aus dem Schwarzwald. Diesen Eindruck hatte ich jedenfalls schon nach den ersten paar Seiten. Und dieser Eindruck beantwortet die Titelfrage des Blogs endgültig.

Seufz!

Ach was hatte ich gelitten: Der erwähnte Bewusstseinsplunder verstellte mir den Zugang zur Welt. Ich fühlte mich eingeschlossen im Lichtspieltheater von Meister Cartesius, daran verzweifelnd, durch angestrengte Betrachtung der vielen vertrackten Bildchen, diesen bloss privaten, subjektiven Eindrücken und Propositionen oder wie der Plunder sonst benamst wird, Hinweise darauf zu ergattern, ob vielleicht irgendwo ein anderer Elender durch Vertiefung in ähnliche Bildchen Hinweise auf mich und ein gemeinsames Leben nach der Lichspielvorführung ergattert. Man kann diesen Kram gar nicht kompliziert genug beschreiben. Ich sag nur noch "verfluchter, vertrackter Kleinkram, Krimskrams, Gerümpel" und eben "Plunder" und schliesse mit einem weiteren

Seufz!


[Ich habe heute etwas reichlich Sinnloses begonnen. Doch ich tu's mit grosser Ernsthaftigkeit und bin mir sicher, dass ich viel Spass daran haben werde. Ich übersetze den Essay 'Three Varieties of Knowledge'. Ich habe einfach Lust, an Davidson ganz nah dran zu bleiben, seine Sprache zu geniessen, eine ganz enge Vertrautheit mit seinen Gedankengängen zu gewinnen, tja, so Sachen eben. Und indem ich mir eine relativ einfache, aber äusserst zeitintensive Aufgabe stelle, zwinge ich mich dazu, mir als einem etwas nervösen Menschen dabei ein gemächliches, wohltuendes Tempo zu gönnen.]

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Eine Fussnote zur Philosophiegeschichte:
Donald Davidson und W. V. Quine haben anfangs der 70er Jahre in der Region Bern Vorträge gehalten, z. B. Davidson den epochemachenden Vortrag "Radical Interpretation" im Mai 1973 in Biel, publiziert im selben Jahr in der vom philosophischen Institut Bern herausgegebenen Zeitschrift "dialectica". Fast 20 Jahre später veranstalteten Andreas Graeser, Lutz Danneberg und Klaus Petrus mehrere Seminare zur Sprachphilosophie, unter anderen 1991 ein Metaphernseminar. Der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich, wie er eigens für eine Seminarsitzung einen Nachmittag vom Militärdienst freibekam, weil sein Kompaniekommandant - sonst eine grimmige Gestalt - auch seinen Beitrag zur Selbstfindung des Weltgeists leisten wollte und seinen einzigen Fahrer vorübergehend beurlaubte. So fuhr besagter Schreiber im Ausgangstenue von Reichenbach bei Kandersteg nach Bern, wechselte irgendwo die Uniform und genoss es, mit den Professoren, Assistenten und den anderen Studenten (waren da auch Studentinnen?) in einem überfüllten engen Zimmer am Falkenplatz um die Wette zu qualmen und dabei die Nebel um das Problem zu lichten, ob denn so etwas wie uneigentliche Bedeutung möglich sei und wie es das denn wäre.
In Hamburg besuchte man dann zunächst ein Seminar bei Arno Ros über Davidsons "The Method of Truth in Metaphysics" und lernte dort zwei von Wolfgang Künne abstammende Davidsonianer kennen, die einen im zweiten Semester in ein Seminar zum Meister mitnahmen, bei dem es dann zwar um Sprachphilosophie, aber für einmal nicht ausdrücklich um Davidson ging (über den Künne aber tatsächlich einiges gedruckt hatte).
Zurück in Bern schliesslich war der Freude kein Ende, als man in der Brasserie Lorraine zufällig seinem alten Arbeitskollegen Alban begegnete und dieser als zweiten Satz verlauten liess: "Gegenwärtig lese ich nur noch Davidson." Der kleine Studi war überglücklich, als sich Alban dazu bereit erklärte, sich einmal fürs Philosophieren zusammenzusetzen - immerhin gibt sich der nicht mit allem und jedem ab.
Aristoteles beschliesst seine Ausführungen im 9. Buch der "Nikomachischen Ethik" mit den Worten: "und sie (die Freunde) scheinen auch besser zu werden, indem sie tätig sind und einander korrigieren. Denn jeder nimmt einen Abdruck auf von den Eigenschaften, die ihm am anderen gefallen, und so heisst es: 'Edles lernst du von Edlen.'" - Ja, so heisst es und ist es.

Januar 05, 2006  
Blogger Philotustan said...

Zum Kommentar von Thomas eine kurze Anmerkung aus weltgeschichtlicher Perspektive:

Wir Philosophiestudenten hatten ja damals Wichtigeres zu tun: Wir bereiteten 'die' Revolution vor, um 'den' Verhältnissen, in denen zu leben ja schlicht unmöglich war, ein Ende zu bereiten. Die Welt war zur Genüge interpretiert. Und ausgerechnet Amis wie Quine und Davidson konnten uns nicht von dem abhalten, worum es es ging: die 'Verwirklichung der Philosophie'.

[Ich verspreche mal ohne Gewähr, keinen Blog über diese Thematik zu schreiben. Meine Wut über die neunmalklugen Idioten, die wir damals waren, muss sich noch weiter abkühlen.]

Januar 06, 2006  

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