T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Samstag, Dezember 10, 2005

Rubrik: Lebensweisheit

[Ich bin mittlerweile von Jena nach Weimar umgezogen. Zur Zeit lese ich die 'Wahlverwandtschaften'.]

Der Punkt, an dem sich das Dingsbums zwischen Charlotte und dem Hauptmann zu entwickeln beginnt, lässt sich präzis angeben: Teil 1, Ende von Kapitel 7:

Eine grössere Unternehmung wird in Angriff genommen. Der Hauptmann plant und überwacht die Arbeiten, und auch Charlotte hat sich ins Geschäft eingebracht: Sie verwaltet die Finanzen. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden klappt vorzüglich. That's it! - Goethe beschreibt das so:

Es ist mit den Geschäften wie mit dem Tanze; Personen, die gleichen Schritt halten, müssen sich unentbehrlich werden; ein wechselseitiges Wohlwollen muss notwendig daraus entspringen.

Es ist schon eine wunderhübsches Ding, mit jemandem gut zusammenarbeiten zu können. Der Gleichschritt, der dabei zustande kommt, muss tief in den Charakteren der beiden Akteure bzw. in ihrer Art, auf die Umgebung zu reagieren und auf sie einzuwirken, verwurzelt sein. Da vermag auch ein gediegenes Quantum gemeinsamer Welt- und Lebensanschauung allein nichts auszurichten. Hier geht es um gemeinsame Raum- und Zeitaufteilung. Da muss aus den unterschiedlichen Tempi der beiden ein gemeinsamer Rhythmus zustande kommen. Ein jeder muss erkennen, was der andere besser kann, und zurücktreten können; er muss blitzschnell einspringen, wo er erkennt, dass er etwas besser beherrscht, und die Führung übernehmen können. Wo Ab- oder gar Aussprachen nötig sind, steckt schon der Wurm drin. Alles muss sich sich wie von selbst verstehen. Man arbeitet einander blind in die Hand. Jeder kann ganz und gar bei sich bleiben. Er darf wirken, wie es ihm behagt. Und doch passt alles, die zig kleinen Sächelchen, wunderbar zusammen.

Ob man sich ansonsten "etwas zu sagen hat", steht auf einem ganz andern Blatt geschrieben. Ich weiss zuverlässig, dass die beiden Männer, die zuzeiten das beste Verteidigerpaar des Schweizer Eishockeys bildeten, einander persönlich nicht sonderlich viel zu sagen hatten. Die beiden verstanden einander blind. - Ich bin oft sehr enttäuscht, wenn die Zusammenarbeit mit einem Menschen, der mir auf Anhieb sehr sympathisch ist, überhaupt nicht klappt. [Ich spreche hier von der mechanischen Tätigkeit, die ich 20 Stunden in der Woche ausführe.] - Wer kennt nicht das traurige Bild, das sich in Einkaufszentren immer wieder bietet: Sie ist voll im Element; er ist gelangweilt und hilflos; und gibt er sich einen Ruck, so ist es auch nicht recht. Da fehlt dann nur noch die gemeinsame Erholung in der Gartenarbeit nebst häufigeren gemeinsamen Freizeitunternehmungen, und das gemeinsame wunschlose Unglück ist perfekt.

So habe ich denn zum Schluss noch einen kleinen Tipp für alle Paare: Was ihr zusammen nicht behaglich schafft, das lasst gescheiter bleiben. - Eine heutzutage verpönte Aufgabenteilung, in der sie den gesamten Haushalt führt, während er im Dachgeschoss den Eisenbähnler spielt, ist ein Quell der Freude, verglichen mit dem partnerschaftlichen Anpacken, wenn die Beteiligten es gemeinsam doch nur mühsam packen.