T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Donnerstag, Dezember 01, 2005

Monk meets Goethe


Irgendwie mag ich den Monk, den Detektiv und Zwangsneurotiker aus der gleichnamigen Fernsehserie. Ich stelle mir vor, wie dieser bemitleidenswerte Kerl in seiner Freizeit in Goethes 'Maximen und Reflexionen' blättert und dabei auf diese Reflexion stösst:

Es darf sich einer nur für frei erklären, so fühlt er sich den Augenblick bedingt. Wagt er es, sich für bedingt zu erklären, so fühlt er sich frei.

"Eine wunderbare Beobachtung", wird mancher Leser sagen. Kaum hast du dich für frei erklärt, springen etliche kleine Bedingtheiten, die du soeben negiert hast, in deinen Sinn. Sprichst du aber von deinen Bedingtheiten, eröffnen sich für dich gleich kleine Spielräume, die du nutzen und erweitern kannst. - Manchmal schaut es schon so aus, als würden Sätze ihr Gegenteil wie aus sich selbst heraus produzieren. Tja, es mag sich bei ihnen halt um bestimmte Negationen handeln. Der Hegel-Leser ist auch gleich mit den schematischen Wendungen 'Bedingtheit in der Freiheit' und 'Freiheit in der Bedingtheit' zur Stelle. Und nur um abzurunden sei noch erwähnt, dass für ihn die wahre oder konkrete Freiheit dann natürlich in der Einheit von abstrakter Freiheit, als losgelöstes Schweben über den Bedingtheiten verstanden, und den zahlreichen Bedingtheiten besteht.

Wie dem auch sei: Unserm Mr. Monk entgeht das alles. Er wird unruhig. Hier stimmt etwas ganz entschieden nicht. So geht das nicht. Es muss sofort etwas unternommen werden. - Ja was hat er denn? - Er rückt ein paar Dinge zurecht. Und dann sehen wir, was ihn so aus dem Häuschen gebracht hat:

Es darf sich einer nur für frei erklären,
So fühlt er sich den Augenblick bedingt.
Doch wagt er's für bedingt sich zu erklären,
Wird sogleich seiner Freiheit er gewahr.

[Thüringische Fluchtbewegungen: Du willst raus aus Jena. Ziehst etwas westwärts. Landest in Weimar. Flüchtest dich südwärts in den Thüringer Wald. Ilmenau hinter dir lassend, kommst du an mehreren Eingängen alter Bergwerksstollen vorbei, wo einst der in Weimar seit seiner Rückkehr aus Italien für den Bergbau zuständige Hofrat seine Mineralien sammelte. Genug der Bildung! Rauf auf den nächsten Gipfel! Eine Ruhe herrscht dort! Und in allen Wipfeln kaum ein Hauch. Und sollte dir das nicht aufgefallen sein: Der besagte Hofrat hat's in die Balken der kleinen Schutzhütte geritzt. Zurück zum 'Tor zum Thüringer Wald', Arnstadt, wo vormals ein junger Organist mit exzentrischem Orgelspiel die Gläubigen traktierte. Wieder rein in den Wald, und immer westwärts. Du landest in Eisenach, wo der Wartburg gebaut wurde, von Arbeitern, deren seinerzeit in Gotha, deinem nächsten Fluchtpunkt, gedacht wurde. Nun aber machst du eine Wendung nach Norden. Eine solche hattest du in Jena tunlichst vermieden. Mit der Ute von Naumburg und dem dortigen Philosophen mit dem grossen Schnauz hast du schliesslich nichts am Hut. Nun aber gerätst du in den Harz. Da gibt es Orte mit Namen wie 'Schierke' und 'Elend'. Ein schwerer Brocken, dieser Harz. Der gibt dir den Rest. Und so schreibst du denn später mal vielleicht eine reichlich bescheuerte Ferienerinnerung mit dem Titel 'Thüringische Fluchtbewegungen'.]