T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Freitag, November 04, 2005

Rubrik: Politische Philosophie

[Es erscheint nun der hier in meiner Antwort zu einem Kommentar von 'ur' angekündigte Blog:]

Kurze Einführung in den Marxismus.

Unter besonderer Berücksichtigung seiner gesellschaftlichen Zielvorstellung. Unter (fast) völliger Vernachlässigung der Mittel, mit denen das Ziel erreicht werden sollte.

Nach einem mehr oder weniger idyllischen Urzustand setzte ein Jahrtausende dauender Zustand mühsamer Plackerei ein. Marx nennt diesen Zustand das "Reich der Notwendigkeit". Dieses gebiert schliesslich einen riesigen Maschinenpark, der die Schufterei überflüssig macht. So entsteht das "Reich der Freiheit". Der Alltag eines Bewohners dieses Reiches mag dann - frei nach Marx - etwa so aussehen: Einen Artikel lesen, einen Blog schreiben, einkaufen gehen, ein Bad nehmen; in selbständiger Tätigkeit eine kleine Dienstleistung, eine philosophische Beratung etwa, anbieten; Maschinenwartung (Wir sind ja nicht im Urkommunismus).

Zur Verteidigung des Kommunismus


Ich kann die Bedenken ja verstehen. Wer eine Vollzeitstelle hat, arbeitet täglich 8 Stunden. Die Arbeitswoche hat 5 Tage. Es gibt Feiertage, (un)bezahlten Urlaub, Ferien. Gartenarbeit und die Versorgung von Vieh sind allenfalls Hobbies. Die langen, mühsamen Waschtage gehören der Vergangenheit an. Der Zeitaufwand für Kochen und Heizen übersteigt nicht mehr den einer Halbzeitstelle. Kurz: Das Problem besteht darin, dass die Freizeit rapide zugenommen hat. Doch zum Glück hat der junge Karl Marx ein paar konkrete Lösungsvorschläge anzubieten: Wir können Bücher lesen, jagen, fischen ... . Und zur Not fällt uns selber auch noch was ein: Ausflüge, Joggen, TV, Computerspiele, Parties, ... . Dazwischen gibt es ja immer noch - ich bin wieder bei Marx - die Maschinenwartung.

Zugegeben: Gerade die Maschinen verschärfen das Problem. Doch was sind die Alternativen? 16 Stunden schuften, um gerade das zum Leben Notwendige zu haben, dann ein paar Stunden schlafen, um wieder 16 Stunden schuften zu können? Über den Resozismus (Hans Magnus Enzensberger für "real existierender Sozialismus") brauchen wir nicht mehr zu debattieren. Wenn wir jahrzehntelangen Stillstand wollen, schaffen wir das auch ohne Fünfjahrespläne. Auf das Proletariat brauchen wir nicht mehr zu zählen. Es mag noch Leute geben, die sich als seine Vertreter fühlen, das Proletariat selber ist von der Bildfläche verschwunden.

Der Kapitalismus hat mit dem Kommunismus sein höchstes Stadium erreicht. Der Kommunismus hat sich von der Wissenschaft zur Realität entwickelt. Er wird von niemandem angestrebt und von den allermeisten sehr geschätzt. (Die Betonung mag im einzelnen verschieden sein. Ich zum Beispiel bevorzuge seine freisinnige Variante, bin mir aber natürlich voll bewusst, dass ich mit Bundesrat Blocher etwa oder dem Gewerkschaftspräsidenten Paul Rechsteiner im Grundsatz übereinstimme. Das mag freilich allzu selbstverständlich erscheinen. Die Debatte über diese Fragen wird ja auch nicht mehr geführt.) Die Zukunft hat schon lange begonnen. Wir sollten uns damit einfach abfinden.

Fortsetzung folgt

[Aber bloss, wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass jemand gewichtige Einwände erhebt.]