T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Montag, Juli 23, 2007

Die Familie Röpfl - Vater, Mutter, zwei Söhne, drei Töchter, dazu eine Enkelin - hat eingeladen. Eine kleine Wirtsstube. Vier längere Tische mit Bänken. Die geladenen Gäste sitzen aufrecht da und verharren schweigend in der Erwartung der Weisen, in die sie alsbald versinken werden.
[Wenn ich bloss wüsste, was die junge, sommersprossige Bauersfrau sieht, wenn die Weisen sie überkommen! Wenn ich bloss wüsste, was ich in den Gesichtern der in Andacht Versunkenen suche!]

an Juchaza wert


Das Zithervorspiel ist extrem kurz, zwei Takte, wie vom Ende eines längeren Tanzstücks abgerissen: Die Einstimmung ist vollkommen.

Vater, Mutter, eine Tochter: Das ergibt einen Dreigsang.

Der Platz des Zitherspielers ist fix. Fix auch der der älteren Frau, die am oberen Ende des Tisches den Bass zupft. Die andern Plätze werden nach Bedarf getauscht.

Vater, erster Sohn, zweiter Sohn: Das ergibt einen Dreigsang.

Dazwischen reine Instrumentalstücke, bei denen sich zu Zither und Bass zwei Gitarren, gespielt von zwei Töchtern, gesellen.

Erste Tochter, deren Tochter, zweite Tochter: Das ergibt einen Dreigsang. -
Drei Frauen stecken die Köpfe zusammen. Das Mädchen ist etwas befangen. Die Mutter singt ihm ermutigend zu.

Andere Kombinationen wären denkbar, werden aber nicht gebildet. Der Vater erklärt warum. Die Erklärung hat Gewicht: Die Instrumente schweigen. Und es wird auch kein Off-Ton eingeblendet. So ist das bei den Volksmusiksendungen im Bayrischen Fernsehen: Die Stille des Saals wird eingefangen - Zithervorspiel - der Xang - Stille - Ein Gespräch, dem auch die Gäste bloss lauschen - Die Stille des Saals wird eingefangen - Zithervorspiel - ... Und kein Reporter und kein Experte blendet sich in die Ausführungen des Gefragten ein. Wer draussen ist, ist off, und dieses Off gibt keinen Ton von sich. So ist das.

Der Vater erklärt: Jeder Dreigsang ist eine Erzählung. Diese besteht aus mehreren Atemströmen. Kurze Atemströme, lange Atemströme - Atempausen/Verweilen, Zögern/Verweilen - Neu-Einsetzen - Ausweichen, Huschen, abruptes Erzählende - ausladende Gesten, ausladendes Erzählende. So was will früh und lange geübt sein. Die Volksmusik ist halt etwas, in das man hineinwachsen und das man weiterpflegen muss. Sonst läuft man Gefahr, im bewussten Stadel zu enden. [Das hat der Vater natürlich nicht gesagt. Der Adelige verbittet sich jeden Vergleich mit den Plebejern.]

Wieder Vater, Mutter, eine Tochter: Das ergibt einen Dreigsang: 'Des is an Juchaza wert'.

Tja, wäre es schon, wenn man bloss seine Stimme schon wiedergefunden hätte.

'Von da Alm kimm i her'. Und noch mehr Alm: 'Auf de Almen geh'n ma auffi'. Und noch mehr Alm: 'Wohl auf da Alm'. - Man könnte lachen ob so viel Alm. Aber das tut man besser nur, wenn man sich ganz sicher ist, dass die Mundmuskulatur der aufgeklärten Intention auch gehorcht. Und was nützt einem die trockene Versicherung, dass man gegen dergleichen Zeugs gefeit ist, wenn einem die Gestalt dessen, dem man versichert, vor den Äuglein verschwimmt.


[Bloss keine Pointe jetzt, nur ein Nachtrag: Seit ein paar Wochen kann das Bayrische Fernsehen bei uns nicht mehr empfangen werden.]
[Noch ein Nachtrag: Der 'Röpfl Dreigsang', von dem es neuerdings auch eine CD gibt, meint die erste der hier von mir genannten Formationen.]