T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Montag, Juni 04, 2007

Liebes Tagebuch

Es ist gar nicht lange her, da fühlte ich mich noch jung. Jetzt merke ich, dass ich alt werde. Und das überrascht mich doch ein wenig. Einige Anzeichen sind zwar schon länger da: nächtliche Unterbrechungen des Schlafs etwa zwecks Verrichtung eines Geschäfts, das Not tut, oder die höchst angenehme Erfahrung, dass die jüngsten und hübschesten Frauen ein Zutrauen in mich gewinnen, die Nähe des unterhaltsamen älteren Herrn suchen und gerne etwas bei dem verweilen, dessen Attraktivität schon beinahe an die ihrer Grossväter heranreicht. Doch jetzt ist etwas Neues dazugekommen: Das ironische Kokettieren mit dem Gedanken, alt zu werden, hat sich erschöpft; der neue Gedanke hat wenig Verspieltes, er beginnt, sich einigen wenigen älteren, winzigen Weisheiten sowie einer unüberschaubaren Menge von abgestandenen, simplen Satzgebilden mit Wahrheitswert 1 zuzugesellen: Auch ich werde alt. Punkt.

DA CAPO


Oh ja, das bleibt nicht aus, drauf kannnst du dich verlassen.
Und er sah, dass es gut war.

Herr, es ist Zeit, die Zwängerei langsam aufzugeben: die Arbeit an den grossen Verbesserungsvorschlägen und die Bemühung um die Realisierung von neuen, ungeahnten Möglichkeiten einzustellen; die moralische Verpflichtung zu anstrengender Hoffnung auf besseres Hü und mehrbesseres Hott fahrenzulassen; den Versprechungen auf eine bessere Zukunft en rose et sans gris keinen Glauben mehr zu schenken; die Verpflichtung auf bestimmte Zuversichten sich entschieden zu verbitten; zu würdigen zu wissen und zu geniessen, wenn das Staccato von Meldungen über Aufrufe zu Versöhnung und Verzehr von Eierkuchen, über Hoffnungsträger, Friedensprozesse und Waffenstillstände abgelöst wird durch das ewig wiederkehrende, entspannende "Es wird wieder geschossen."

Oh ja, das bleibt nicht aus, drauf kannst du dich verlassen.
Und er sah, dass es gut war.

Unmengen von Schlick haben sich in den vergangenen Jahren durch den schmalen Körper von Wattwürmern gezwängt und sind von diesen, nachdem sie dem Brei das Wenige an verdaubarer Nahrung entzogen haben, in Form von kleinen, geringelten Häufchen wieder an die Wattoberfläche gestossen worden. Tausende Male ist die Flut wiedergekehrt und hat die kleinen Werke wieder einkassiert. Tausende Male hat das abfliessende Wasser den Möven, Austernfischern, Eiderenten und kleinen Wattvögeln eine üppige Tafel mit Muscheln, Krebsen, Schnecken und anderem Meergetier zurückgelassen.

Oh ja, das wird nicht ausgeblieben sein, drauf kannst du dich verlassen.
Und er sah, dass es gut war.

Liebes Tagebuch

Wir fahren nächste Woche an die Nordsee. Wir freuen uns darauf. Und ich bin mir auch sicher, dass da oben noch alles beim alten ist.


Jan: "Wie wäre es, wenn du mal die Hurtig-Route machen würdest oder ein Trekking in der Sahara oder ich weiss doch auch nicht was?" - "Ich will kein Mehr an ewig Gleichem, mag diese Art von Stillstand nicht; ich will ein Meer vom ewig Gleichen, denn darin steckt Unendlichkeit." - "Diesmal hab ich die starken Töne aber mitgezählt. Vier! - "Bravo!" - "Viermal vier! - "Bravissimo!" - "Na ja, du wirst sicher etwas Neues über Eiderenten & Co. erfahren. Das mit den Wattwürmern hab ich übrigens noch nicht ganz verstanden." - "Ich erkläre es dir gleich, muss nur noch dieses Dingsblogs abschalten."