T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Mittwoch, Februar 08, 2006

Rubrik: Existenzphilosophie

Findelkind


Vom Findling (1) war schon oft die Rede. Ein verwandtes Bild: Der Mensch als das Wesen, das ausgesetzt wird, dem von denen, die es finden und bei sich aufnehmen, eine Identität verpasst wird, dem es zustossen kann, dass es ein Ungenügen an dieser Identität findet, und das sich, ist ihm solches widerfahren, dazu aufmachen kann, seine eigene Identität zu entwerfen bzw. sich selbst zu (er)finden.

Auf den Findling bezogen: Er liegt zunächst einfach vor. Dann findet er sich vor bzw. stösst auf sich selber. So findet er sich vor wie bestellt und nicht abgeholt. Schliesslich bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich selbst abzuholen.


(1)
Es ist gewaltig mühsam, bei blogger.com die einzelnen Blogs untereinander zu verlinken. Zum Glück gibt es ja die Blog-Suche. Oben links: SEARCH THIS BLOG.

2 Comments:

Blogger Edo said...

Findlinge? Mir ist das Wort Fremdling viel lieber.
Ich glaube man kann sich nicht finden: "Es ist die Seele ein Fremdes auf Erden", nach Trakl.

"Das Fremde wandert voraus. Doch es irrt nicht, bar jeder Bestimmung ratlos umher. Das Fremde geht suchend auf den Ort zu, wo es als ein Wanderndes bleiben kann. 'Fremdes' folgt schon, ihm selber kaum enthüllt, dem Ruf auf den Weg in sein Eignes."

HEIDEGGER in Die Sprache im Gedicht

Vielleicht denke ich so, weil für mich kein anderes Leben gibt als die Wanderschaft... Wenn ich denke dass ich endlich gefunden habe was ich suchte, merke ich sofort, dass das auch der Weg des “Sich-verlierens“ sein kann. Merkwürdig, findest du nicht?

Februar 08, 2006  
Blogger Philotustan said...

@ menina

Findling ist mehrdeutig: Es meint zum einen foundling: Findelkind, zum andern erratic block. erratic: erratisch, umherirrend, wandernd, ziellos. erratic block: vereinzelter Felsbrocken, der in der letzten Eiszeit von den Gletschern aus den Alpen ins Flachland hinausgetragen wurde. - Wenn ich vom Findling spreche, meine ich immer einen Felsbrocken.

Der Findling als Bild für das Dasein ist von allergrösster Anschaungskraft. So ist denn auch das Moment der Fremdheit, das dir am Herzen liegt, in ihm wesentlich enthalten: Der Findling ist ein Fremdling. Er findet sich vor in einer Landschaft, in der er nichts zu suchen hat. Man fragt sich, wie er in sie hineingeraten ist. Er hebt sich von dieser Landschaft ab, er ist auffällig. Und immer vereinzelt. Als Echo auf deinen Trakl ausgedrückt: Es ist der Findling ein Fremdes in Weiten.
[Das Haus, wo ich geboren wurde, steht mitten in den Schweizer Bergen. Und ich frage mich gerade, was eine Brasilianerin mit den Zeugen unserer letzten Eiszeit gefühlsmässig anfangen kann.]

Ich gehöre nicht zu jenen Menschen, die von sich sagen können, sie hätten sich gefunden. Mein Glaube, dass man 'sich finden' kann, stützt sich einzig auf das Zeugnis von (sehr wenigen) Menschen, die mir glaubhaft von so einer Erfahrung berichten.
[Ich arbeite z.Z. an einem Blog, in dem ich so eine Erfahrung darstelle.]

Zu deiner Frage: 'Merk-würdig' (auffällig, frag-würdig) ist am Dasein vieles. Es kann ja ein wahres Glück sein, sich in etwas zu verlieren. Diesen Vorgang mag man Selbst-Findung nennen. Oder es kann äusserst schmerzhaft sein, wenn man sich gezwungen sieht, etwas von dem, was man eben noch als sein Eigenes betrachtet hat, drangeben und sich neu erfinden zu müssen. Und auch das kann man als einen Schritt zur Selbst-Findung ansehen.

@ alle

Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass ihr mal Mühe habt, meine Schreibe zu kapieren: Stellt euch einfach vor, wie unerschrocken menina, deren Muttersprache Portugiesisch ist, an die Sache rangeht und wacker ihre Kommentare schreibt.

in memoriam Martin Heidegger:

M. H. stellt seine Fragen nach dem Wesen des Menschen in einer Weise, dass man sich nicht ständig des Eindrucks zu erwehren braucht, er bräuchte sie gar nicht erst zu stellen, weil er die Antwort ja eh schon kenne.

Februar 08, 2006  

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