T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Dienstag, November 15, 2005

Rubrik: Tagesgeschehen

Ich schaue fern.

Fussball ist schön. Die Türkei ist schön. Unsere Nationalhymne ist schön, und der Patriotismus ist nur schon darum eine schöne Sache, weil der Patriot den Patriotismus des andern so gut versteht. "... seh ich dich im Fahnenmeer." Meine Frau ist an den äussersten Rand des Sofas vorgerückt. Doch bevor sie aufsteht und die Händchen haltenden Sänger stimmkräftig unterstützt, wendet sie sich lachend an ihr vor Nervosität zappelndes Männlein und tätschelt beruhigend sein Knie. Zuberbühler begräbt den ersten Ball sicher unter sich. Er wird ihn nicht so bald wieder in die Hände kriegen. Ein schöner Samstagabend.

"Das war schon vor 40 Jahren so."


Istanbul ist wunderschön. Bevor unsere Nationalspieler die Stadt zu sehen bekommen, müssen sie noch Passkontrolle und Gepäckabfertigung hinter sich bringen. Die Kamera filmt einen Beamten, wie er den Pass eines Spielers studiert. Erste Seite, zweite Seite, dritte Seite ..., vorletzte Seite, letzte Seite. Ein abschliessender Überblick. Ein paar Fragen an den Spieler. Rückversicherungen. Der Spieler hat es geschafft. Sein Gepäck wird er wie alle andern nicht ausgeliefert bekommen. So darf er denn unbeschwert, im Schutze eines Polizeikordons, das Flughafengebäude verlassen. Für das erste geplante Training reicht es zeitlich nicht mehr. - Ein Satz Köbi Kuhns ist hängen geblieben. "Das war schon vor 40 Jahren so."

"Kırk yıl önce de öyleydi." - Ein Satz, der es in sich hat. (Eine freie Übersetzung wie "Das sind Bauern", bezogen auf Beamte einer stolzen, modernen Republik, dürfte seine gebührende Wirkung auf ein türkisches Gemüt nicht verfehlen.) "Ne diyorsun?" "Was sagst du dazu?", werde ich meine türkischen Arbeitskollegen morgen fragen. Das "Anneni sikiyorum" ("Ich ficke deine Mutter") einiger türkischer Fans und Ähnliches hätte ich ja noch durchgehen lassen. Aber für das Verhalten der Beamten werden die freundlichen bis charmanten armen Teufel büssen müssen. Da ist dann nix mehr mit anderes Kultur und so. Vor Kulturunterschieden braucht man ja nicht unbedingt schweigend zu knien. Man kann sie, wenn's denn sein muss, auch konkret beschreiben. Und der Beschreibungen gibt es bekanntlich viele. Insbesondere kann man auf Grenzfälle aufmerksam machen und etwa die Frage aufwerfen, ob der Begriff hier überhaupt noch anwendbar sei usw. usf.

In freudiger Erwartung interessanter Wortgefechte

Philotustan