T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Sonntag, Oktober 09, 2005

Rubrik: Erkenntnistheorie

[Diesen Blog widme ich Ueli Raz. Das Herumstöbern eben auf seiner Website hat mich entbloggt bzw. deblockiert, wie ich früher zu sagen pflegte.]

Jeder, der was auf sich hält, bastelt früher oder später mal an einer Erkenntnistheorie. Die meine liegt inzwischen fertig vor und muss nur noch verbloggt werden. Ihr Ausgangspunkt liegt

Im schönsten Wiesengrunde


Heureka! - Ich hab sie wieder gefunden, die Stelle in der 'Negativen Dialektik', die mich vor Jahrzehnten so in Verzückung versetzte und die ich mir seither immer vorhielt, wenn ich mich vergrübelt fragte, was denn mein Erkenntnisbegriff sei. Vor allem der letzte Satz hat es mir angetan. Er ist ein wahres Fundstück. Mit ihm ist es Adorno gelungen, einen arschflachen Satz nicht nur zu produzieren, sondern ihn dann auch tapfer - oder einfach gut gelaunt? - stehenzulassen:

Der unnaive Gedanke weiss, wie wenig er ans Gedachte heranreicht, und muss doch immer so reden, als hätte er es ganz. Das nähert ihn der Clownerie. Er darf deren Züge umso weniger verleugnen, als sie allein ihm Hoffnung eröffnen auf das ihm Versagte. Philosophie ist das Allerernsteste, aber so ernst wieder auch nicht.

Schon im nächsten Satz reisst er sich wieder am Riemen:
Was abzielt auf das, was es nicht a priori schon selber ist und worüber es keine verbriefte Macht hat, gehört, dem eigenen Begriff nach, zugleich einer Sphäre des Ungebändigten an, die vom begrifflichen Wesen tabuiert ward.
Und weil es so schön ist:
Nicht anders vermag der Wörterclown [Der Theo selber verwendet hier den Ausdruck 'Begriff'] die Sache dessen zu vertreten, was er verdrängte, der Mimesis, als indem er in seinen eigenen Verhaltensweisen etwas von dieser sich zueignet, ohne an sie sich zu verlieren.
Und nur noch fürs Protokoll: Insofern sei der Philosophie das ästhetische Moment nicht akzidentell. Nicht minder sei es aber an ihr, es aufzuheben. ("Was denn sonst", meint Jan, der, wie so manche von uns, die Adornolektüre etwas vernachlässigt und sich im wesentlichen auf die 'Phänomenologie des Geistes' und dergleichen beschränkt.) Aufzuheben worin? ... in der Verbindlichkeit ihrer Einsichten in Wirkliches. Diese und das Spiel sind ihre Pole.

VERBINDLICHES SPIEL. Mit allergrösstem Ernst gespielt. Im Eingedenken, dass es so ernst auch wieder nicht ist. Mit einer klammheimlichen Freude, dass der geliebte Gegenstand widerspenstig bleibt: Das Begriffsnetz ist eingeholt. Und wer zeigt sich grinsend auf offener See? Der Widerbarsch, dieser widerborstige Knotenknacker, dieser schleimige Netzschlüpfer [das Erkenntnisobjekt, wie es andernorts, wo es methodischer zugeht, etwa heisst].

[Die ganzen Semesterferien reservierte ich dereinst für die Lektüre der 'Negativen Dialektik'. Schön, schön, schön war die Zeit ...]