T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Sonntag, Februar 07, 2010


Obelix und die internationale Finanzpolitik


Jedermann kennt die Lust, sich ausführlich über etwas zu verbreiten, vovon man im Grunde keine Ahnung hat. Bei Tolstoi gibt es eine Figur, die sich in Politik, Wirtschaft und den Wissenschaften gut auskennt und sich als komplett unmusikalischer Mensch am lautstarksten zu Fragen der Musikästhetik äussert. Ihr mag ich nacheifern und mich mal zum in verschiedenen kleineren, offenen Gesellschaften wohl gehüteten [Das war eben die halbe Miete] Bankkundengeheimnis und den damit verbundenen internationalen Verwicklungen äussern.

Zuerst will ich mal festhalten, dass ich die in verschiedenen Äusserungen verschiedenster Leute spürbare Geringschätzung der Privatspäre überhaupt nicht teile. Ich verstehe da keinen Spass. Das Bankkundengeheimnis muss weiterhin Geltung haben. [Ich halte es sowieso für eine verdammt gute Idee, sich an das in der Schweiz geltende Recht zu halten.]

Einige Staaten haben verdammt grosse Probleme. Es soll Staaten geben, in denen bis zur Hälfte der wahlfähigen Bevölkerung staatliche Transferleistungen bezieht und nur gerade die Hälfte dieser Bevölkerungsgruppe überhaupt Steuern zahlt. Die Leute aus den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen entziehen dort dem Staat in grossem Umfang Einnahmen, durch Schwarzarbeit etwa, oder durch Sozialbetrug, oder eben durch Steuerflucht. - Tja, ich kann die Leute schon verstehen, und verstehen kann ich selbstverständlich auch die Politiker, die zu allen möglichen und gänzlich unmöglichen Mitteln greifen, um eine grosse Umverteilungsmaschinerie in Schwung und sich selber im Sessel zu halten. Mehr noch: Wenn ich gerade mal Zeit finde, bin ich durchaus nicht abgeneigt, mir übungshalber mal den Kopf darüber zu zerbrechen, was diese Politiker vernünftigerweise tun könnten, um die Leistungsverweigerung ihrer Landsleute aufzubrechen. Klar, viel schaut bei diesen Überlegungen nicht raus, aber ich tröste mich bei dem Gedanken, dass es nicht zu meinen Bürgerpflichten gehört, mit darüber den Kopf zu verbrechen.

[Na, das ist doch schon was: das Bankkundengeheimnis verteidigen und sich nicht über Gebühr mit den Problemen anderer herumschlagen.]

Vielleicht gibt es gute Möglichkeiten, das Bankkundengeheimnis so zu gestalten, dass es nicht von Ausländern zur Steuerhinterziehung missbraucht wird. Offensichtlich ist da schon einiges getan worden, und es werden auch von verschiedenen Seiten diesbezügliche Vorschläge gemacht. Nur: Nicht erst nachdem ich mich vorgestern abend wieder mal dazu verknurrt habe, dem in der 'Arena' mutig auftretenden ehemaligen deutschen Finanzminister Eichel mein interessiertes Ohr zu leihen, scheint mir eines klar zu sein: Bevor die Schweiz nicht in den automatischen Austausch von Bankdaten einwilligt, wird es zumindest von seiten der Bundesrepublik keine Ruhe geben.

[Das Einhalten der OECD-Richtlinien, das ist gar nichts. Und die von Schneider-Ammann und seiner Partei angeregte Abgeltungssteuer etwa geht entschieden zu wenig weit. - Herr Eichel hat das nicht gesagt, nein, er hat dazu einfach geschwiegen und erneut betont, dass ein automatischer Datenausgleich im Interesse aller Beteiligten sei. Und natürlich die gutnachbarschaftlichen Beziehungen, an denen ihm gelegen sei, stärken würde, angesichts von Problemen, die ... Dann kam der Fluglärm und der Widerstand der südlichen Schwaben gegen Probebohrungen in Benken und ... Ich darf anmerken, dass ich Herrn Eichel sehr schätze. Ich mag es, wenn ich ein klein wenig schlauer bin, nachdem ich einem Finanzpolitiker zugehört habe. Herrn Eichels jahrzehntelanges Einhacken auf die Schweiz habe ich immer mit in den Kauf genommen. Die Blumen gehen auch auch an Herrn Steinbrück. Und Herrn Schäuble danke ich für seine klaren Worte: "Das Schweizer Bankgeheimnis ist am Ende ..."]

Es ist doch sehr beruhigend zu wissen: Die werden keine Ruhe geben. Die Tendenz innerhalb des politischen Gebildes EU geht eindeutig in die Richtung des automatischen Datenausgleichs. Und neben Luxemburg und Österreich soll auch die Schweiz da mitmachen. Ausnahmen werden da nicht geduldet, von Monaco, der City of London und den britischen Kanalinseln vielleicht abgesehen.

Ok. Es gibt da dieses grosseuropäische politische Projekt, das zu kritisieren ich mir nicht die Mühe mache. Und es gibt einen grossen Druck von Seiten der grossen Nationen dieses Reichs auf unser gallisches Dorf. Das ist die Ausgangslage. Und ich betrachte es als meine Bürgerpflicht, mich in diese Ausgangslage hineinzudenken und mir ganz müssig zu überlegen, was wir mit diesen Römern anstellen könnten. Aktionismus ist nicht gefragt. (Was wir tun, wird ja eh nicht reichen.) Es macht auch keinen Sinn, wenn die Gallier zu sehr auf das Gespräch und die Verständigung setzen. Ich meine, wir haben schon verstanden: Sie wollen alles. Und wir haben verstanden: Sie haben gewaltige Probleme. Ich plädiere für kleinste Denkschritte: Hattu Probleme musstu leesen. Das ist ein Anfang. Ein besserer Anfang jedenfalls, als damit zu beginnen, angesichts der Probleme von Nachbarländern gleich das eigene Rechtssystem infragezustellen. Kleine Denkschritte: Willstu Hilfe musstu di benehmen.


Ich möchte bei dieser Gelegenheit mal bekennen, wie sehr ich Deutschland liebe, dieses wunderschöne Land mit seinen von mir sehr geschätzten Sängern, Bahnschaffnern, Hotelportiers ... und Steuersündern. (Ja, ich weiss, wie schön es sich in diesem Land sündigen lässt.) Ja, ich spreche von Liebe. Ich fühle mich pudelwohl in verschiedenen Ecken dieses Landes. Deutschland ist mein allererstes Ferienland. Ich gerate schon mal ins Dirigieren, wenn im Willkommhöft in Wedel bei der Einfahrt eines deutschen Frachters auf der Elbe die deutsche Nationalhymne erklingt ...

Ich muss nicht jeden Scheiss verstehen, aber zu lieben vermag ich alleweil.