T(r)iefsinn - Unsinn - Leichtsinn

Hier waltet, streunt, brütet, tanzt ... der Sinn. Hier treibt er sein Allotria. Hier wird ihm der Garaus gemacht. Die Szenerie, in die du geraten bist, bezieht ihr Licht aus einem Bereich, wo die grossen Geheimnisse des Lebens vor sich hinkichern.

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Lizentiat in Philosophie und Germanistik. - Beruf: Gymnasiallehrer. - Jetzige Tätigkeit: Teilzeitjobs und philosophische Beratung.

Sonntag, Oktober 16, 2005

Rubrik: Hegel

["Endlich! Wer über Anerkennung schreibt, kommt an Hegel nicht vorbei (Go to: PhG > IV:Die Wahrheit der Gewissheit seiner selbst > B:Selbständigkeit und Unselbständigkeit des Selbstbewusstseins; Herrschaft und Knechtschaft)." - "Komm ich doch! Aber Hegel hat zu 1001 Sachen etwas Interessantes zu sagen."]

Hier bekommen die rosenfingrige Eos & Co. Gesellschaft

Professor Georg Janoska, in meiner Studienzeit Ordinarius für Philosophie an der Universität Bern, pflegte Hegel mit einem Epitheton zu versehen: "Hegel, der, wie Sie sicher wissen, nicht gerade von Minderwertigkeitsgefühlen geplagt wurde". Doch dem nicht gerade von Minderwertigkeitsgefühlen geplagten Hegel waren "Demut oder Bescheidenheit" keineswegs fremd. Schauen wir, wie er diese zum Philosophieren wesentlich gehörenden Tugenden beschreibt:

Hegel oder die Bescheidenheit in der Philosophie


Das Philosophieren ist frei von Hochmut, "indem das Denken dem Inhalte nach in sofern nur wahrhaft ist, als es in die Sache vertieft ist, und der Form nach nicht ein besonderes Seyn oder Thun des Subjects, sondern eben diss ist, dass das Bewusstsein sich als abstractes Ich als von aller Particularität sonstiger Eigenschaften, Zustände u.s.f. befreites verhält und nur das Allgemeine thut, in welchem es mit allen Individuen identisch ist". (Enzyklopädie, Par. 23)

1) in die Sache vertieft:

Was ist die Sache? Es ist natürlich nicht die Philosophie. Eh klar!? -

Es sind aber auch nicht die Gedanken, die andere sich über die Sache gemacht haben. Eh klar? - (Wenn ja: Du bist schon fortgeschritten und darfst vier Abschnitte überspringen.)

In Par. 2 der Enzyklopädie spricht Hegel von verschiedenen Formen, in denen die Gegenstände der Philosophie erscheinen: Gefühl, Anschauung, Glauben, Vorstellung. (Er hat davon noch mehr auf Lager.) In all diesen Formen spielt das Denken mit. Das ist beim Menschen so. (Wir können hier an Wesen mit Gedanken bzw. propositionalen Einstellungen denken. Das mag hilfreich sein.) Und jetzt können wir uns (ganz im Sinne des 2. Paragraphen, wo vom Verhältnis von Religion und Denken die Rede ist) einen Menschen vorstellen, der von seinen religiösen Gefühlen und Anschauungen spricht. Hinzu kommt ein zweiter, der neunmalkluge Gedanken über die Äusserungen des ersten vorträgt. Und jetzt lasse ich Hegel auftreten:

Allein es ist verschieden, solche vom Denken bestimmte und durchdrungene Gefühle und Vorstellungen, - und Gedanken darüber zu haben. Die durchs Nachdenken erzeugten Gedanken über jene Weisen des Bewusstseiyns, sind das, worunter Reflexion, Raisonnement und dergleichen, dann auch [natürlich fälschlicherweise, Philotustan] die Philosophie begriffen ist."

So dürfe man sich nicht wundern, dass die Philosophie in manchen Lagern verachtet werde. Kein Wunder: Wer bloss reflektiert und räsonniert und nach-denkt, wer bloss bei dergleichen eitlen Beschäftigungen sich aufhält, anstatt zu denken, wird nicht mit allgemeiner Achtung rechnen dürfen.

Was ist die Sache? - Gesetzt, du sprichst von einer Trompete. Dann ist die Sache die Trompete. Der Rest ist dann sinngemäss. -

2) das von aller Besonderheit befreite Ich

Es ist wohl schon vieltausendmal gesagt und geschrieben worden: Die Auffassung von Philosophie, die Hegel hier vertritt, ist schon zu seinen Lebzeiten vom Historismus überholt worden. Und die ständige Wiederholung macht die Bemerkung ja auch nicht falscher. Für mich ist das gegessen. (Ismen wie den (Kultur)Relativismus oder den Subjektivismus nehm ich zur Not als Nachspeise. Sie sind so substanzlos, dass ich nicht befürchten muss, mir darob den Magen zu verderben. - Sachen nähren und/oder verderben den Magen; Reflexion, Raisonnement und dergleichen mögen die Verdauung fördern.)

Du und dein Freund Vladimir haben ein gemeinsames Interesse an einer Sache. Natürlich seht ihr die Sache verschieden. (Du sitzt im hohen Lehnsessel, er liegt auf der Couch.) Ihr wollt über eure blosse Meinungsverschiedenheit hinauskommen. ("Du hast deine Meinung. Ich habe meine Meinung. Ich respektiere deine Meinung. Du bist auch tolerant. Wir lassen das mal so im Raum stehen. Keine Meinung ist absolut, und wenn alle das so sehen würden, gäbe es nie mehr Krieg." - Und wenn die beiden noch nicht vor lauter Langeweile im Frieden verschieden sind, so salbadern sie zähflüssig weiter.) Das aber funktioniert nur, wenn ihr euch um die vorhandenen Gemeinsamkeiten bemüht. Die Logik, so geht die Hoffnung, sollte von beiden beachtet werden. Ganz ohne Versuch, eine gemeinsame Sprache zu finden, geht es wohl auch kaum. Und hier tut sich ein weites Feld auf. Die Ausräumung von immer[!] vorhandenen sprachlichen Missverständnissen ist nur ein Beispiel. Jedenfalls ist es unfruchtbar, bei einem solchen Unterfangen seine Idiosynkrasien in gepflegter Weise wortreich herauszustellen. Letzteres geht natürlich immer. Aneinander vorbei zu reden mag der Normalfall sein. Wenn es nur nicht so verdammt langweilig wäre!

Na ja. Der olle Hegel mag ja in ach so manchem völlig denebengelegen haben. Aber langweilig? Nöh!