[Aufzeichnungen aus der Gegend zwischen dem Bodensee und dem Oberen Donautal]
Selbstbestimmung: seine Gedanken, auch die bloss monoton aufdringlichen, seine Gefühle, auch die unerwünschten, seine Wünsche, auch die nicht so edlen, seine Erinnerungen, auch die quälenden, diese Dinger sich zu eigen machen, sie übernehmen, zu ihnen stehen. (nach Peter Bieri)
Herr von und zu Seyn, seines oftmals emphatischen, aber stets auch mit Leiden verbundenen Schürfens auf dem sinn-baren Grund der Dinge überdrüssig, begibt sich in eine geschlossene Therapieeinrichtung. Schon nach wenigen Tagen ist er höchst erstaunt und völlig verrätselt. Es macht ihn staunen - und auch leicht ärgerlich -, dass die tägliche Einnahme von gerade mal drei Tropfen einer 'ontolethischen' Tinktur seinem Leiden alsbald ein definitives Ende bereiten soll. Er ist verrätselt, weil er die klare Entschlossenheit, mit der er die Tinktur jeweils umgehend in eine Blumenvase giesst, nicht verstehen kann. - Herr von und zu Seyn verlässt die Anstalt, schmunzelnd und mit einer gewissen neuen Entschlossenheit, fortan sein Leben zu leben.
Neben seinem eignen Leben.
[Dementia präcox oder einsetzende Spätphilosophie? Jedenfalls eine sinn-bare Zuversicht.]
In kurzen Abständen dringen sanfte Winstösse in dichtes Blattwerk ein, das sich wieder und wieder aufbläht und wieder in sich zusammenfällt. Auf solch atmendem Blattwerk schaukeln zwei Marienkäferchen, ein rotes mit schwarzen und ein schwarzes mit roten Punkten.
Am nächsten Tag lese ich im Heidegger-Museum in Messkirch: "Wenn am Sommertag der Falter sich auf die Blume niederlässt und, die Flügel geschlossen, mit ihr im Wiesenwind schwingt …"
Ich bin glücklich.
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